Am Morgen des nachfolgenden Praioslaufes versammelte man sich in der hohen Halle und begann sich über die Neuwahl eines Connetabels zu streiten. Als erster stand erwartungsgemäß Signore Horasio della Pena v. Kullbach-Marvinko auf.
Der im roten Wappengewand seines Ordens gekleidete Signore erhob die Stimme und erklärte stolz, daß er sich zur Wahl stellen wolle. Kaum hatte er dies getan, da sprang Cyberian v. Felsfelden, der Bruder der vielgerühmten Comtessa v. Felsfelden auf und forderte ebenso das Amt des Connetabels für sich. Ebenso wie Horasio war er in ritterliches Gewandt gehüllt, sind doch beide Geweihte der donnernden Leuin. Ein Raunen ging durch die Reihen.
Kaum hatte der junge Felsfeldener sein Kandidatur bekanntgegeben, da warf Horasio zurück: "Wie uns allen seit dem letzten Landtage bekannt, darf vor dieser Versammlung nur der sprechen, der ein Lehen des Herzogs führt. Da der Connetabel in Grangoria keineswegs ein rein militärischer Rang ist, sondern derjenige den gesamten grangorischen Adel am Hof des Herzogs darstellt, ist's ohne Lehen nicht getan!"
Da ließ Don Cyberian aber noch nicht den Kopf hängen, sondern schaute vertrauensvoll zum Baronet Alricilian von Treuffenau-Veliris, dem als Praiosgeweihter die Rechtsprüfung der Versammlung gebührte. Schmunzelnd erhob sich der Baronet, blickte noch einmal herüber zu seinem Vater, dem Baron von Veliris und sprach dann sorgsam und langsam: "Wir sehen leider Recht in dem was Don Horasio spricht, setzt euch Felsfelden und seid still in dieser Versammlung."
Daraufhin setzte lautes Gemurmel unter den Freunden der Felsfeldens ein und Cavalliero Cyberian setzte sich mit versteinertem Gesichte nieder. Lange berieten sich noch einige Landstände und bewegten dann den Signore von Carindôr sich zu erheben, er habe schon einmal seine Befähigung bei der kurzzeitigen Verwaltung der Baronie Veliris gezeigt und nun sollte er dem Herrn Horasio die Stirn bieten.
So zeigte sich nun ein wahrlich Streitgespräch zwischen den beiden, bei dem der Signore Horasio auf seine militärischen Fähigkeiten mehrmals verwies und Signore Romualdo ya Cantarra immer wieder seine Erfahrung bei der Verwaltung Veliris erwähnte. Zwei Stunden stritten sich die Herren in der Halle, dann rief der Herzog, der den Streit alles in allem recht desinteressiert verfolgte, zur Wahl auf.
Da herrschte ein enges Rennen, zuerst stimmten die Gesandten Vengas, fast einstimmig gewann hier Herr Romualdo, ebenso war es in Schradok und Sewamund. Allein die Signori von Veliris (mit Ausnahme des Carindôrers, versteht sich) und Tikalen entschieden sich für Horasio. Allein Signor Phygor da Marascenta-Ardismôr und Signor Rassuan Tharedion von Lumiân stimmten für den Carindôrer.
Darauf wählten die Barone und Gransignori: Sewamund, Schradok und Venga wandten sich auf Romualdos Seite, allein der mächtige Baron von Veliris und überraschender Weise auch dessen Gegner Comto Rimaldo di Scapanunzio, der Verweser Tikalens, stimmten für den kullbacher Signore.
Dann wählte der Protector von Bomed, Gorfar der schon als Gransignore und Signore seine Stimme dem Herrn ya Cantarra gegeben hatte und nun auch nicht anders widerfuhr. Da standen nun also 35 Stimmen auf des Herrn von Carindôrs Seiten und es waren 27 bei della Pena. Nun mußte nur noch der Herzog seine Stimme abgeben, zuerst als Graf von Phecadien, dann als Herzog. Leise war es vor Spannung im Saal, denn obwohl es hieß der Herzog wolle sich enthalten, war man sich seiner 18 Stimmen voll bewußt. Er erhob sich und erklärte sicher: "Wir der Graf von Phecadien und Herzog Grangoriens geben unsere Stimmen dem Herrn..." , zahlreiche Signores sah man, die sich ein letztes Mal des Schweiß von der Stirn mit ihren Seidentüchern putzten, "Horasio."
Oh, welch ein Jubel auf der einen und welch ein Entsetzen auf der anderen Seite. Noch während die Kumpanen Signore Romualdos die Niederlage beweinten, bei der sie um eine einzige Stimme geschlagen waren, begann der Signore mit seiner Siegesrede. Er dankte seinen Wählern und erklärte, daß er auch trotz dieses Wahlausganges für jeden Grangorer ein rechter Connetabel sein wolle. So machte er deutlich, daß er demnächst das herzögliche Gericht zusammenrufen wolle, um die Landfriedensbrecher endlich urteilen zu können. Desweiteren wolle er vom Markgraf Windhags die Auslieferung jener Schurken fordern, um sie auch ihrer gerechten Strafe zuzuführen. Zu der Besetzung Shumirs erklärte er: "Zwar mißbillige ich die harschen Worte, die von Veliris nach Bethana gingen, ich muß allerdings das Eingreifen des Baron Arianos loben und werde mich, falls der Baron nichts dagegen hat, mit einem Bannern meiner Soldaten am Schutze der Shumirer Signorie Bevölkerung beteiligen." Erneut ging ein Raunen durch den Saal, waren doch auch die Edlen Grangorias zerrissen, ob sie die Aktion des Barons gutheißen sollten oder nicht. Wiewohl sich doch die meisten hämisch freuten, sowohl Gräfin Udora, wie auch Erzherzog Hakaan, von einem Grangorier an ihre Pflichten erinnert zu sehen. Andererseits wurde das Bild des ruhigen Landmannes angekratzt, einem Ideal, hinter dem sich die Grangorier immer wieder gerne versteckten, ging es um unliebsame Entscheidungen.
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