Bosparanisches Blatt

Der Kongress tanzt

Oberfels. In diesen Tagen begann in und um Oberfels der große Kongreß zur Beilegung aller Streitigkeiten zwischen dem Mittelreich und dem Horasreich. Es geht um viel: Die Anerkennung der Horaswürde, die Abfindungen für den Überfall Graf Kalmans, die Aktzeptierung der Annexionen Drôls und der Zyklopeninseln, um nur die wichtigsten Punkte zu nennen.

Am 17. TRAvia 2512 Horas von Erzäbtissin Illumnestra XII. mit einem Götterdienst eröffnet, traten die Gesandten beider Reiche feierlich zusammen. An der Spitze der mittelreichischen Delegation stand Reichsvogt Dschijndar Falkenberg-Rabenmund. Mit ihm waren dir Reichsräte Abelmir von Albenhus und Pelion Eorcaïdos angereist.
Auf Seiten unseres Reiches waren Cron-Prinzessin Aldare von Vinsalt, Erzherzog Timor von Chababien und Herzog Cusimo von Grangor zur Eröffnung des Kongresses gekommen.
Doch bevor die ersten Gespräche hinter verschlossener Türe geführt werden sollten, lud zunächst einmal Marchesa Alwene von Oberfels-Phecadien zum Tanze. Selten sah man Neu- und Altreicher so einträchtig beieinander. Bei Vinsarella, Kuslikana und reichlich Bosparanjier vergißt man schnell die schweren Differenzen, die es noch auszuräumen gibt. Bis in den späten Abend wurde gefeiert und gelacht. Es gab zwar einige Stimmen, die angesichts der Ereignisse in Tobrien mahnten, man solle doch an die drohende Gefahr durch Borbarad denken, anstelle zu feiern, aber konnten diese wenigen Nörgler die Stimmung nicht verderben. Man war zusammengekommen zwei Reiche zu befrieden; wenn das kein Grund zum Feiern ist, wüßte man es auch nicht mehr. Zudem lassen sich gerade bei ungezwungenen Tänzen die besten Gespräche führen. So sah man Cron-Prinzessin Aldare zusammen mit Reichsvogt Dschijndar bei einer langsamen Grangorette lange angeregt miteinander reden. Waren dies die ersten Zeichen einer Versöhnung?
An den nächsten Tagen begannen die Konferenzen der einzelnen Delegationsgruppen. So saß Cron-Prinzessin Aldare mir Reichsrat Pelion Eorcaïdos zusammen, um über die Situation der Zyklopeninseln zu beraten. Von Reichsrat Eorcaïdos weiß man, daß er ein harter Verfechter der Zugehörigkeit der Inseln zum Mittelreich ist, was nicht zuletzt an seinen Vorfahren liegt, die Cyclopäer waren.
Um die Anerkennung der Horaswürde diskutierten Timor von Chababien und der Reichsvogt, sowie Reichsrat von Albenhus. Das gerade Prinz Timor zu den Gesprächen geladen wurde, liegt, wie wir aus zuverlässiger Quelle wissen, nicht an der diplomatischen Begabung, die die Kaiserin in ihm sieht, sondern vielmehr an seiner hartnäckigen Art sich selbst zum Gesandtschaftsrat zu küren. Man muß dem Prinzen aber zugute halten, daß Reichsrat Dschijndar nicht überstürzt den Verhandlungsraum verlassen hat.
Nachdem erste Sondierungsgespräche auf beiden Seiten geführt worden sind, verließen die hohen Damen und Herren den Gesandtschaftsort Oberfels wieder. Nun ist es an den zahlreichen Diplomaten, Gesandten, Räten und Advokaten die Einzelheiten einer Annäherung auszuhandeln. Dabei geht es auch um so heikle Kleinigkeiten, wie den gegenseitigen Grenzverkehr, der vereinfacht werden soll - dieser Punkt dürfte wohl, wie es aussieht einer der ersten sein, der in Erfüllung geht, hatten doch beide Gesandtschaftsoberhäupter eine bereits unterschriebenen Urkunde im Gepäck, die als Provisorium die Ein- und Ausreise, sowie den Handelsverkehr erleichtert. Dabei dürfte die Handelserleichterung allerdings noch etwas auf sich warten lassen, da die gegenseitigen Zollschranken keineswegs in gleicher Weise gesenkt wurden.
Weitere Vertragspunkte sind die an der Grenze stationierten Truppen, die Lage der seit Jahrzehnten umstrittenen Signorie CCC , die gegenseitige Anrede, die Festungsbauwerke nahe der Grenzen - Diskussionspunkte sind da vor allem der Horaswall und die Pfalz Cumrath - die bereits angesprochenen Zollschranken, zukünftige Bündnispolitik - hier ist zum Beispiel an den Freundschaftsvertrag zwischen dem Horasreich und Aranien zu denken - der Kolonialpolitik, dem weiteren Ausbau Harbens zum Flottenoberkommando, der Auslieferung und dem Austausch einzelner Topagenten beider Geheimdienste und und und. Es ist schon ein heikles Unterfangen Einigkeit in allen Punkten zu erlangen und es grenzt an einen Spießrutenlauf das ganze Vertragswerk nicht durch eine unbedachte Äußerung scheitern zu lassen. Auf weitere Ergebnisse darf man gespannt sein.
Insgesamt befinden sich zur Zeit in Oberfels ganze 100 Diplomaten beider Seiten. Hinzu kommen noch die unzähligen Schausteller, Kleinkrämer, reisende Kurtisanen, etc., so daß Oberfels wohl zur doppelten Größe angewachsen ist. Je nach Länge der Verhandlungen, kann sich dies als sehr einträglich für die Stadt erweisen.

Insgesamt kann man den Auftakt des Oberfelser Gesandtenkongresses als positiv bewerten, versicherte uns Cron-Director Esquirio Alricilian Sal von Veliris-Carinto, der vor Ort die Interessen des Cron-Conventes vertrat. Es habe zwar von einigen Gesandtschaftsräten Versuche gegeben die Verhandlungen negativ zu beeinflussen, indem man eine Gefahr die von Mengbilla ausginge etwas hochdramatisierte und von unkontrollierbaren schwarzmagischen Elementen sprach, die eine arge Bedrohung für das Horasreich seien, wie es im Aventurischen Boten zu lesen war. Das natürlich nicht von der Hand zu weisen ist, daß die Beziehungen zu Mengbilla immer noch sehr frostig sind, um es nett auszudrücken, sei in Anbetracht der letzten Ereignisse kaum zu verwundern. Aber Staats-Mareschall Folnor Sirensteen habe die Lage in Süd-Drôl völlig unter Kontrolle und auch die Magister der zahlreichen Akademien unseres Reiches haben uns versichert, daß keine wirkliche Gefahr von einigen wenigen Schwarzmagiern ausginge, verglichen an der magischen Stärke des Horasreiches. Somit sei Mengbilla wohl eher ein netter Versuch die Verhandlungsposition der Mittelreicher etwas zu verbessern, die nach der Gefahr aus Tobrien und erneuter Drohungen des Emirs von Amhalla wohl ihre Stellung wegbrechen sahen. Daher wolle man diese Bestrebungen auch gar nicht verurteilen oder gar sie zum Grund nehmen die Verhandlungen zu gefährden. Die Verhandlungsposition des Horasreiches sei klar besser und das wüßten die Diplomaten Gareths auch. Lediglich der Druck aus der Stadt des Reichsbehüters sei zu stark. Man wolle einfach nicht wahrhaben, daß das Reich nach Jahrzehnten der Überlegenheit nun in eine Phase des Niedergangs erlebe.
Aber in einem Punkt mußte der Cron-Director den Gesandten Gareths zustimmen: Die Rechte des Hauses Galahan seien in der Tat noch keineswegs vergangen und vergessen. In der Tat gäbe es da noch einige ungeklärte Fragen, wie zum Beispiel der Verbleib des Leichnams der Fürstin, auf den die Angehörigen einen borongerechten Anspruch hätten, oder die Frage nach der Schuld Prinz Romins oder der Beweisbarkeit der Reichsverschwörung, allein anhand der Briefe der Fürstin. Hier stünde dann das Wort einer verurteilten Verräterin gegen den unbescholtenen Ruf untadeliger Adeliger, wie der Hussbeks oder anderer nahen Verwandten der Fürstin. Auch die Auflösung der bereits erwähnten Baronie Hussbek sei keinesfalls durch die Bestimmungen des Cron-Conventes abgedeckt. Hier wurden einige gravierende juristische Fehler begangen, so der Cron-Director, aber darüber habe vermutlich das Staats-Cammer-Gericht noch zu urteilen.

Soviel von den ersten Tagen des Gesandtenkongresses im liebfeldischen Oberfels unter den Augen des PRAios, der RONdra, des EFFerd, der TRAvia und der HESinde, den ersten fertiggestellten Monumentalstatuen eines gewaltigen Zwölfgöttervorhabens.

Andree Hachmann