Bosparanisches Blatt
Der Graf aus Tobrien

Arivor / Ehft. Arivoria. Nach alter Sitte trat im Monat der Hesinde der königliche Kronkonvent des Reiches Yaquiria zusammen. Nach den vorangegangenen turbulenten Konventen im Rahja (Seine Erhabene Hoheit Shafir wählte sich zum Kronvogt der Khomwacht) und im Efferd (die Nachrichten von der Schlacht bei Vallusa und von der Wiederschmiedung des Schwertes Siebenstreich) erwartete man eine eher ruhige Versammlung. Dennoch fehlte es auch diesem Kronkonvent nicht an Gesprächsstoff, denn es erschien der Graf aus Tobrien.
Litprand von Darbonia, Graf von Mendena, ist eine tragische Gestalt: aus seiner Heimat durch den Bethanier vertrieben, lebt er im Exil zu Gareth, ohne Hoffnung, eines Tages seinem Sohn die nach Recht und Gesetz ererbte Grafschaft an der Küste der Tobrischen See hinterlassen zu können.
Hatten die Großen Yaquirias von dem Leid tobrischer Leibeigener und Schafzüchter bis jetzt begreiflicherweise kaum Anteil genommen, stand da nun einer aus ihrem eigenen Stand vor ihnen, der Land und Leute, Stadt und Burg, Erbe und Lehen durch den Dämonenmeister verloren hatte. Von Donna Lutisana ay Oikaldiki vorgestellt, den Patronus der Badilakaner Angilbert von Kumborn zur Seite, bat Graf Litprand um Gunst und Gehör - doch nicht für sich, sondern für tausende tobrische Vertriebene. Für diese entwurzelten Menschen in den Flüchtlingslagern und Hospizien, die Milde und Tatkraft des Grafen von Mendena, der ihr Schicksal teilt, und der Ordo Sancti Badilaci eingerichtet haben, bat er um Silber und Gold im Namen der Menschlichkeit.

Selbigen Abends noch empfing Ihre Kaiserliche Majestät den Grafen aus Tobrien im Kristallkabinett auf dem Goldenhelm. Nach der Privataudienz erhielt Seine Hochwohlgeboren aus den Händen des Staats-Almosars, welches ist in Personalunion der Staats-Minister, eine Summe von zwölf mal zwölf Horasdor. So ging unsere Monarchin mit ihrem Beispiel voran, und in den folgenden Tagen gaben die Großen des Reiches ihren Teil.
Inzwischen wurde bekannt, daß die Traviakirche für Ende Ingerimm ein Provinzialkonzil nach Bethana einberufen hat, dem auf Weisung des Hohen Vaters vom Friedenskaiser-Yulag-Tempel zu Rommilys der bereits erwähnte Angilbert von Kumborn, Patronus und damit Ordensoberhaupt der Badilakaner, vorstehen wird. Die Wahl des Versammlungsortes ist wohl kein Zufall angesichts dessen, daß die Aufgaben der Traviageweihten in diesen Zeiten besonders in der Heilung der Wunden bestehen, die der Bethanier schlägt. Doch könnte auf dem Provinzialkonzil auch der Leichnam des heiligen Kedio ein Thema werden, den Abgesandte der Traviakirche Anfang letzten Jahres von Drôl nach Rommilys verschleppten.
Graf Litprand von Darbonia wird im Firun bei der Chababischen Wolfsjagd zu Thegûn erwartet und danach, wie es heißt, Aufenthalt in einem chababischen Dorf namens Khalôd nehmen. Der Ort soll einen gewissen Ruf als regionales Wallfahrtsziel für Traviagläubige genießen. Politische Köpfe vermuten aber mehr dahinter: Der Graf wird von seiner Gemahlin Roana und seinem Sohn Folkwin begleitet, der im gleichen Alter wie die jüngere Tochter der gastgeberin Lutisana ay Oikaldiki steht. Travia ist die Göttin der Ehe - und die Familie Oikaldiki ist in der jüngeren Vergangenheit für ihre Heiratspolitik berühmt geworden. Sollten gar der Wilde Süden und der Dunkle Osten zueinander finden?

[Anm.: Die Spende von umgerechnet 2.880 Dukaten liegt zwischen den 300 Dukaten (oder doch 300 Kusliker Rädern bzw. Horasdor?), um die Amene laut Aventurischer Bote 63 Seelenmessen für Opfer der Roten Keuche lesen ließ, und den umgerechnet 20.000 Dukaten, die die kaiserliche Jagdgesellschaft von Baliiri laut Abenteurer 1 Opfern der Roten Keuche überließ. Der Besuch Litprands und das Regionalkonzil der Travianer gehen von Sascha Käuper aus.]


Michael Hasenöhrl