Bosparanisches Blatt
Die Schlacht auf den Schwarzen Marschen von Shumir
von
Tarin Salquirio von Salicum-Selzin

In letzter Sekunde erreichte uns eine Depesche des Comto Schatz-Canzlers, die uns veranlaßte noch einmal die gesamte Titelseite abzuändern. In seiner bekannten Art, berichtet Seine Edelhochgeboren über die sich überschlagenden Ereignisse in Shumir. Hier sein Rapport.

"Nach mehreren Monden ungewisser Lage und Zuspitzung der Ereignisse in und um Shumir hat sich nun die Spannung in einem starken Donnerschlag entladen. Hatten zahlreiche Beobachter noch an eine friedliche Beilegung der Shumir-Krise - wie sie landein und flußab in Kusliker Salons und Vinsalter Tavernen genannt wird - geglaubt, so zerplatzte diese Hoffnung, wie eine Tonkugel Hylaîler Feuer.
Die Heere Baron Arianos von Treuffenau-Veliris und Prinz Ralmans von Firdayon-Bethana trafen heute in den Morgenstunden aufeinander. Und ebenso rasch, wie das Feuer sich entzündet hat, breitet sich die Flamme nun zu einem Flächenbrand aus.

Doch rufen wir uns zunächst die Ereignisse der letzten Tage in Erinnerung.
Wie erstaunt waren wir doch noch, als die Stadt Shumir den Treueid auf den Baron leistete und somit eine Vorentscheidung gefallen zu sein schien. Doch zu eben diesem Zeitpunkt trat der Erbprinz von Horasia mit einer stattlichen Anzahl Soldaten in Pertakis auf der Bildfläche auf. Er vereinigte seine Banner mit denen der Edlen Endor Doren von Shenilo-Felsfelden und Rendariell ya Grendol de Millenis und hatte nun eine dem Baron ebenbürtige Streitmacht gesammelt.
Zwar wäre der Prinz lieber mit eindeutigeren Verhältnissen losgezogen, doch sehr zu seinem Verdruß verweigerte ihm der Cronrat eine Unterstützung durch Einheiten der Cron-Legion. Doch auch so verfügte die Horasia-Pertakis-Allianz über eine Armee von über 400 schlagkräftigen Soldaten, die sich aus 100 herzöglichen Schwertschwingern, 2 Bannern Hylaîler Söldlingen, 2 Bannern Elitereitern aus Pertakis, einem Schwadron Sheniloer Drachenreiter, etwa 30 Arinker Bogner und noch einmal eben so vielen Rittern der eigenen Garde des Prinzen zusammensetzten.

Ich selbst befand mich in Sewamund, als ich vom Aufbruch des Prinzen gen Shumir hörte. Zusammen mit Baronin Elanor von Efferdas diskutierte ich die Lage in Shumir bei einem Glas schwerem Veliriser Rotwein, den die Baronin von Baron Ariano geschenkt bekommen hatte. Was sie aber keineswegs zu einer Parteigängerin des Barons mache, wie sie mir versicherte.
Gemeinsam verglichen wir die Forderungen beider Seiten, die sie der Baronin Elanor per Boten hatten zukommen lassen, da diese sich als Vermittlerin empfohlen hatte. So unüberwindlich schien uns die Lage nicht, als uns der Aufmarsch Prinz Ralmans von einem Reiter meiner Schatzgarde mitgeteilt wurde.
Eigentlich wollte ich zu diesem Zeitpunkt noch meinen alten Freund den Comto Seneschall in Kenntnis setzen, aber es galt keine Zeit mehr zu verlieren und so begab ich mich unverzüglich mit Baronin Elanor zu nachtspäter Stunde auf nach Shumir. Begleitet von einer Companie der herrschaftlichen Garde. Man wußte ja nie, was kommen könnte, wie mir die Baronin mit einem Lächeln versicherte.
Kurz bevor wir die Stadt Shumir erreichten, trafen wir auf einen Trupp schwerer Reiter, die von seiner Wohlgeboren Vascal ya Berîsac de Mantrash selbst angeführt wurde. Nach einer förmlichen Begrüßung erklärte uns der Signor, daß er mit seinen Dragonern über verschlungene Pfade durch Veliris auf dem Weg zu Prinz Ralmans Streitmacht sei, um diese zu verstärken. Nachdem sich sein Erzfeind Horasio della Pena mitsamt vier Bannern der Grangorer Garde nun offen auf die Seite Baron Arianos gestellt hätte, bliebe ihm keine Wahl, dieses schreiende Unrecht wenigstens etwas auszugleichen. Mit diesen Worten gab er seinem Schlachtross die Sporen und preschte an uns vorüber.

Vier Banner also hatte Connetabel Horasio, der Signor von Kullbach-Marvinko, auf die Waagschale geworfen. Somit verfügte der Baron mit seinen 100 Söldlingen, den 2 Bannern der Baronie, den 50 Bognern aus Veliris und den 20 Rittern unter Signor Romualdo ya Cantarra über beinahe 500 Soldaten. Beide Heere waren sich folglich, zählt man die Mantrasher noch hinzu, beinahe ebenbürtig.
Doch gab es noch zahlreiche Unbekannte in dieser Rechnung - eine Wendung, die ich von einem Grangorer Mathematicus entlehnt habe - so zum Beispiel die Ritter aus Clameth, oder die Einheiten des Signors von Perainidâl. Und was war mit den Truppen der anderen Pertakiser Signorsfamilien, oder dem Banner des Barons Ralhion von Aralzin und Selzin. Selbst einem so nahen Verwandten, wie mir, wollte er bei meinem letzten Besuch keine genaueren Angaben machen. Es war aber kein Geheimnis, daß er eher die Seite Baron Arianos favorisierte, als ausgerechnet den Prinzen aus Horasia zu unterstützen. Zudem war da noch das Schwadron meiner reizenden Begleiterin, die auffällig schweigsam neben mir in der Kutsche saß.
Ich wurde jäh aus diesen Gedanken gerissen, als weit vor uns im noch dunklen Morgengrauen ein heller Schein über den Himmel zog. Das war das Zeichen zum Angriff. Eine der beiden Seiten hatte die Schlacht um Shumir eröffnet.

Wenig später erreichten wir die Stadt Shumir selbst. Hier war man erwartungsgemäß in heller Aufregung, wurde doch schließlich auch um das Schicksal der freien Bürgerschaft gekämpft, mit der sich der Baron die Treue der Städter erkauft hatte. Doch nicht vor den Toren der Stadt, sondern auf den Schwarzen Marschen fand die Schlacht statt.
Nun hörte man auch schon die dumpfen Klänge der Trompeten und Trommeln aus der Ferne. Die Schlacht war im vollen Gange. Die Baronin von Efferdas hieß mich hier in Shumir aussteigen, sie gedachte nun alleine den Schauplatz der Kämpfe zu besichtigen. Was auch immer 'besichtigen' in diesem Zusammenhang für eine Bedeutung haben mochte. Die Baronin stieg nun selbst auf einen schwarzen Rappen und ritt eiligst in Richtung der Marschen.
Währenddessen begab ich mich zum Rathaus der Stadt, wo ich erfuhr, daß der Baron das Terrain schon mehrere Tage zuvor in Augenschein genommen hatte und nun dem Prinzen seine Wahl diktierte. Die Schwarzen Marschen waren ein relativ ebenes Gelände, die ihren Namen durch zahlreiche Torfmoorseen hatten. Eine überstürzte Flucht in unbekanntes Gebiet sollte sich daher keine der beiden Parteien leisten. Die Schwarzen Marschen galten aber allgemein als nicht sehr tückisches Sumpfgebiet, allein der Platz wurde durch offensichtliche Torffelder beschränkt.
Weiter erfuhr ich, daß sich der Signor von Tokram, Leomar Romualdo di Fortunara, dem Baron angeschlossen hatte. Nicht jedoch mit weiteren Einheiten, was Baron Ariano mißgestimmt zur Kenntnis genommen hatte, wie mir Maestro Nestefan versicherte. Dafür waren aber einige Bürger der Stadt mit in die Schlacht gezogen. Wie viele es sein mochten, konnte oder wollte mir Maestro Nestefan nicht sagen. Auch verweigerte er mir - mir, dem Comto Schatz-Canzler Yaquirias - die Bereitstellung eines Pferdes. Weder Drohen noch Bitten, was mir ob meiner Stellung sehr bitter aufstieß, halfen diesen sturen Pfeffersack zu bewegen. Wieder einmal wurde es mir vor Augen geführt, wie es sich rächt, wenn man frechen Bürgerschaften zu viele Freiheiten läßt. Mögen die Salicumer Zünfte mir nicht noch einmal mit derartigen Forderungen unter die Augen treten.
Mißgestimmt und arg in meiner Ehre beleidigt, trat ich vor die Stadtmauern. Allein ein Duell mit diesem Pfeffersack schien mich besänftigen zu können. Doch verbot sich dieses natürlich von selbst, welcher Edelmann kreuzt die Klinge mit einem, der nicht von Stand ist?

Noch in diese Gedanken versunken, traf ich durch eine glückliche Fügung des Schicksals, dem Herrn PHEx sei gedankt, vor der Stadt auf Baronet Ariano Sal von Treuffenau-Veliris, das fünfte Kind des Barons. Durch die 'Vergeßlichkeit' seines Commandanten, des Herrn Capitano Mondino von Firdayon-Agendayo, hatte er eine Depesche seines Vaters erst mit reichlich Verspätung erhalten, weswegen er frühest vor wenigen Augenblicken hier in Shumir hätte eintreffen können.
Natürlich wollte sich der Baronet keinen Lidschlag mehr durch mich aufhalten lassen und geradewegs Richtung Schlachtfeld reiten, allein der Respekt meines Amtes und Ansehens hielt ihn zurück. Ein beredter Unterschied zu dem unverschämten Verhalten dieses Bürgervorstehers. Und so war es mir ein Leichtes ihm verständlich zu machen, daß die schnellste Möglichkeit zu seinem Vater vorzustoßen, allein die sei, mir ein Pferd zu organisieren und mich sodann zum Kampfgeschehen mitzunehmen. Nur wenige Atemzüge später ritten wir in Richtung Schwarze Marschen.

Der Schlachtenlärm war nun auch bald deutlich zu hören. Beide Seiten waren nun seit einiger Zeit in direkte Kämpfe miteinander verstrickt. Und von der nächsten Erhebung aus konnte man das Schlachtfeld dann auch sogar sehen. Zwischen einigen Hügeln erstreckte sich der Kriegsschauplatz und die Feldherrenzelte beider Seiten lagen oberhalb des Kampfgeländes. Das Zelt von Prinz Ralman stand erkennbar ungünstiger, weswegen ich mich weiterhin dem Weg des Baronets Ariano Sal anschloß.
Auf dem Feldherrenhügel Baron Arianos angekommen, begrüßte mich dieser mit einer spitzen Bemerkung, die ich hier nicht gedenke wiederzugeben, und verwies mich auf einen Stuhl im Nebenzelt. Dort platzgenommen, begann ich sofort mit der Schilderung meiner Erlebnisse bis zu diesem Zeitpunkt und der Aufzeichnung der kommenden Ereignisse. Dieses Werk hält der geneigte Leser nun in Händen. Direkt oberhalb des Schlachtfeldes von eigener Hand verfaßt.
Leider hörte ich nun nicht mehr, was Baron Ariano mit seinen Obersten besprach. Sei es drum.

Bislang wogte das Schlachtenglück hin und her und es war noch längst nicht abzusehen, welche der beiden Seiten die Oberhand gewinnen würde. Jetzt konnte ich im Getümmel auch das ein oder andere Banner ausmachen. So hatte es der Signor von Mantrash also noch rechtzeitig geschafft, wie mir das Hornechsenbanner inmitten des Schlachtgedränges bewies. Zwischen den velirischen Lilien konnte ich auch das Banner des Signor Romualdo ya Cantarras entdecken.
Die Schlacht schien nun an Heftigkeit zuzunehmen, zahlreiche Pfeilsalven flogen durch den Himmel und auch schweres Kriegsgerät war auf beiden Seiten aufgefahren worden.
Im Feldherrenzelt Baron Arianos schien nun Hektik aufgekommen zu sein. Zahlreiche Boten brachten Nachrichten und wurden mit neuen Befehlen zurückgeschickt. Nun drang eine Schreckensnachricht sogar bis zu mir herüber: Der Connetabel von Grangoria war gefallen! Während ich diese Botschaft noch verdaute, erscholl der Ruf 'Die Clamether kommen!' über die Hügel und in der Tat sah ich eine Schar Reiter heranpreschen. Das Banner Ulim Marcieros vorneweg!

Fortsetzung folgt.

Andree Hachmann