Bosparanisches Blatt
Parade der Horaslegion des Wiedergeborenen Reiches
Marsch auf Gareth

von
Leomar von Lug

Arivor. Ein Zeichen unserer Zeit ist die große Parade, die Ihre Heilige Weisheit die Kaiserin am 9. Phex, dem Jahrestag der Horas-Proklamation, auf den Feldern von Arivor abgenommen hat.
Der alte Sammelpunkt der bosparanischen Legionen war wie in den Tagen der Alten Kaiser Zentrum und Ziel der Regimenter, die aus allen vier Himmelsrichtungen zusammenströmten, um unter den Augen der wiedergeborenen Kaiserin und des horasischen Volkes zum Kampf gegen einen Halbgott anzutreten.
Die Parade wurde noch vor Beginn des Kronkonventes gehalten, da während dessen Zusammenkünften nach altem Gesetz nur persönliche Leibgarden das Herz des Lieblichen Feldes betreten dürfen. Das Schwerterfeld erglänzte in den Farben der Feldzeichen und erzitterte unter dem Marschtritt tausender Soldaten, die ein überwältigenes Zeugnis der Glorie des Wiedergeborenen Reiches ablegten.

Viertausend Pferdehufe zerwühlten Sumus Leib. An der Spitze trabte das Horaskaiserliche Elitereiterregiment Baliiri. Hell glänzte der Adler auf den goldgesäumten, grünen Waffenröcken in der Morgensonne. Es folgte das Schwarz, Weiß und Grün des Erzherrlich Arivorer Gardereiterregiments Goldenhelm. Die jubelnden Arivorer Lokalpatrioten schrien sich fast die Seele aus dem Leibe.
Viertausend Stiefel zerstampften, was die Streitrösser übrig gelassen hatten. Das legendäre Erste Banner, die persönliche Leibwache Ihrer Heiligen Weisheit, eröffnete die Parade der Horasgarde. Über dem Kaiserlichen Leib-Eliteregiment wehte das alte Banner der bosparanischen Kaiser: die goldene Sonne auf Blau.
Grün und golden, grün und blau marschierten die endlosen Reihen der Garden: Das III. Horaskaiserliche Eliteregiment Silem-Horas, die glänzende Tafel "Sieg von Wobran" an der Standarte, das IV. Horaskaiserliche Eliteregiment Amene-Horas, grün mit goldenem Adler, das I. Erzherzöglich Horasianische Regiment Murak-Horas. Adler, Adler, Adler - das Auge verlor sich in rauschenden Schwärmen des heiligen Tieres.
Scharlachrot wogten die Reihen des Horaskaiserlichen Hausordens vom heiligen Blute heran. Goldgleißend wallte eine Abordnung des Horaskaiserlichen Staatsordens vom goldenen Adler als triumphales Fanal.
Doch da verstummten Pauken, Trompeten und Fanfaren. Die Armee ordnete sich in wenigen lautlosen Bewegungen ihrerseits zu einem Spalier. Gespannte Stille legte sich über die Masse.
Dann brandete in der Ferne leise, in Wellen, immer näher, immer lauter ein neuer Jubel auf: Zum ersten Mal marschierte unter der Sonne Aventuriens das Bethanische Korps der Horaslegion.

Um das durch den Bethanier bedrängte Neue Reich vor dem Untergang zu retten, hatte die Kaiserin befohlen, ein neues Regiment, je ein Banner aus allen zehn Regimentern der Horaslegion auszuwählen.
Und es geschah. Alle Waffengattungen vereinen sich zu einem tödlichen Instrument in der Hand des Horas: vier Schwadronen Kürassiere, vier Banner Hellebardiere, je eine Kompanie Arbalettiere und Arbaloniere. Ein umfangreicher Stab und Troß leitet und labt die Kaiserlichen Kämpfer. Über zusätzliche Meldereiter und Plänkler wird man nach der Vereinigung mit dem irregulären Zug der Edlen verfügen, der zur Zeit in Wehrheim kampiert.
Unter den Uniformen des Bethanischen Korps überwiegt das hesindianische Grün und Gold der Kaiserlichen Elitegarden, doch auch das Rot und Gold der K.u.K. Vinsalter Gardereiter, das Rot und Grün der Königlichen "Drôler Dornen" und das Gold und Blau der Seeköniglichen Seegarde tragen ihren Teil zu der Farbenpracht des neuen Elite der Eliten bei.
Mit klingendem Spiel exerzierten die Tausendschaften das militärische Zeremoniell der Legion. An Exaktheit der Bewegungen und Figuren wird ihresgleichen nicht gesehen irgendwo sonst im Aventurien unserer Tage. Die Exemplarische Armee präsentierte ihre unvergleichliche Disziplin. Den Abschluß der prächtigen Muster und Formationen bildete der goldene Adler auf Grün - das Symbol des Reichsgottes aus tausenden Menschen geformt, die ein Wille beseelte.
Das Antlitz der kranken Kaiserin wirkte bleich und beherrscht. Sie hielt Hof inmitten der Marschälle der Horaslegion, umgeben von Herzögen, Horaspriestern und Hofbeamten. Ihr zur Rechten stand der Coadjutor des leidenden Marschalls der Cronlegion, ihr zur Linken der Staatsmarschall. Ihre Wangen gewannen ein wenig an Farbe, als Kavalkade um Kavalkade der defilierenden Kavallerie die gezogenen Hüte schwenkte und donnernd zur Kaisertribüne rief: Vivat Amene-Horas! Vivat Renascentum Imperium Horasi!
Herzog Cusimo Garlischgrötz kniete nieder und empfing aus der Hand der Kaiserin Legionsadler und Marschallsstab. Die heilige Weisheit hat ihren Gegner zu ihrem Feldherrn erkoren. In die überraschte Stille der Adeligen hinein erteilte die Kaiserin mit leiser, doch klarer Stimme den Marschbefehl, den zwölf Herolde zum ungläubigen Staunen des Volkes verkündeten: Das Bethanische Korps setzte sich noch in derselben Stunde nach Gareth, nach Gareth! in Marsch, wo es am Tag der Thalionmel eintreffen wird.

Michael Hasenöhrl