Bosparanisches Blatt
Mit freundlicher Genehmigung des Directoriums für besondere Angelegenheiten bringen wir einen Bericht, der eigentlich im jüngsten "Aventurischen Boten" hätte erscheinen sollen - die ganze Wahrheit über den vorgeblichen Verrat des Grafen von Thegûn.

Ein Koenig am Zwoelfgoetterplatz

Gareth. Wenige Tage nach Erscheinen unserer letzten Ausgabe bekam die Redaktion des Aventurischen Boten unerwarteten Besuch. Einer der "neuen Provinzherren Aventuriens" (AB 74) erschien in leibhaftiger Gestalt.

Die Wache vor dem neuen Redaktionsgebäude am Zwölfgötterplatz staunte nicht schlecht, als um die Mittagsstunde eine Droschke vorfuhr und ein Herold mit rotem Pfau auf blauem Tappert rief: "Platz für Don Cedor!"
Ein glänzend gerüsteter Mann erschien, schlank, mittelgroß, kurzgeschnittene dunkelblonde Haare, ein ernster Ausdruck auf seinem Gesicht. Halskrause, Feldschärpe und das Schwert mit dem Amethyst verrieten den Edelmann. "Meldet Ihrer Hochgeboren von Liepenberg Seine Hochwohlgeboren Cedor von Eskenderun." Gefolgt von einem Adjutanten, wurde der Graf von Thegûn zu unserer Chefredakteurin geführt.
"Ihr seid das..." murmelte Freifrau Strellina von Liepenberg nicht ohne leichte Verlegenheit. "Begrüßt Ihr so den 'König beider Chababien und der Zyklopeninseln', Baronin?" fragte der Graf ironisch. "Aber vielleicht wollt Ihr nun nach der Inquisition schicken, um die, wie hieß es doch, 'genauere Prüfung und Bestrafung' in die Wege zu leiten?"
Nach einigen Augenblicken peinlicher Stille brach der Graf die Spannung mit einem versöhnlichen Lächeln. "Wiewohl mich Korrespondent J.R. 'in den besetzten Gebieten' vermutet, weile ich gut sichtbar seit fünf Monden in Gareth - Eure Hofberichter hätten mich bei der Parade am Erdstag leicht in der ersten Reihe erspähen können. Aber nichts für ungut... die Feuersbrunst hat uns alle mitgenommen. Da kann man nicht Recherchen wie beim Bosparanischen Blatt verlangen. Trinken wir einen Tropfen auf die Freundschaft!"
Freifrau von Liepenberg entschuldigte sich, und nachdem der Graf mit uns eine Flasche "Brelaker Nacktarsch" aus seinen heimatlichen Weinbergen verkostet und an den einen oder anderen Schreiber persönlich einige Worte gerichtet hatte, brach er zu einer Stabssitzung auf, um die Zusammenführung der Horaslegion mit dem liebfeldischen Zug der Edlen zu besprechen - diesmal wieder unter dem Pseudonym "Alrizio von Abbadom" wie in der Schlacht von Ebelried (AB 70).

Michael Hasenöhrl