Vinsalts DSA-Ticker

Aktuelles Im Gespräch Rezensionen Aventurien-Kurier

Interviews und Gespräche die Vinsalts DSA-Ticker rund um Das Schwarze Auge führt sind hier aufgelistet. Ob nun mit der DSA-Autorenschaft, mit Personen aus der "Szene" oder anderen die irgendwie etwas mit DSA zu tun haben - hier findet man die Fragen und natürlich auch die dazugehörigen Antworten.

Hadmar von Wieser Im Gespräch...
Hadmar von Wieser, über die Gezeitenwelt, seine Pläne für Das Schwarze Auge und mehr:

Hadmar Freiherr von Wieser ist zwar sicherlich nicht einer der ersten DSA-Autoren gewesen, ist jedoch sicherlich einer der bekanntesten - gleich in einer Reihe mit dem verstorbenen DSA-Erfinder Ulrich Kiesow und dem DSA-Chefredakteur Thomas Römer.
Zahlreiche Abenteuer wie Das große Donnersturmrennen, Der Krieg der Magier und Rausch der Ewigkeit, Romane wie Der Schwertkönig oder Der Dämonenmeister und Spielhilfen wurden von ihm geschrieben und nicht wenige der bekanntesten Aventurier wurden durch seine Feder ge- und beschrieben.

Seit einiger Zeit schreibt er nicht mehr aktiv für Das Schwarze Auge sondern ist als ein Teil von Magus Magellan schöpferisch auf der Gezeitenwelt tätig; hier schrieb er den zweiten Roman Himmlisches Feuer (Hardcover). Die Gezeitenwelt-Reihe konnte beim Deutschen Rollenspielepreis 2003 den ersten Platz in der Kategorie Romane erringen, während Hadmar von Wieser selbst den ersten Platz in der Kategorie beliebtester Autor errang.

Am Rande des NordCon 2004 in Hamburg (und in den folgenden Wochen) stand Hadmar von Wieser Vinsalts DSA-Service für dieses Interview zur Verfügung. Einige der Fragen hier stammen von den Besuchern, die Ihre Fragen an Hadmar von Wieser per eMail eingereicht haben.


DSA-Ticker: Hadmar, einige der Leser dieses Interviews wissen vielleicht gar nicht so recht, wer Du eigentlich genau bist. Daher sag doch bitte ein paar Worte zu Deiner Person.
Hadmar von Wieser: Mein Name ist Hadmar Freiherr von Wieser, auf anständig österreichisch-demokratisch Hadmar Wieser. Ich bin Autor, das heißt in erster Linie Schriftsteller, aber auch Spieldesigner, Regisseur und Satiriker. Ich wurde 1963 in Salzburg geboren und habe bis heute überlebt - als Künstler. Ich schreibe über Magie und Abenteuer - mein Leben hat genug davon.
Um 1994 stammten etwa 40% der gesamten vorliegenden DSA-Publikation von mir. Leider haben sich DSA und der gesamte Rollenspiel-Markt in einer Art entwickelt, wo es heute für mich weder Sinn noch Spaß macht, professionelle Arbeit in mein ehemaliges Hobby zu stecken. Der Deutsche Rollenspielepreis 2003 und die großen Lesermail-Mengen bestätigen mir aber, dass meine unabhängigen Projekte viel erfolgeicher sind als ich mir das damals erträumt hätte.

DSA-Ticker: Wie kamst Du zum Rollenspiel an sich und zu DSA im Speziellen?
Hadmar von Wieser: Auf http://www.hadmar.com/ erzähle ich unter den FAQs folgende Anekdote:
Mit 12 bis 16 spielte ich mit meinem Bruder (2 Jahre jünger) und meiner Schwester (4 Jahre jünger) mehrere Spiele, die sich über Monate hinwegzogen und bei denen jeder von uns mehrere Personen verkörperte. Höhepunkt war ein Staat mit 80 Playmobil-Bewohnern, Lego-Bauten und Möbel-Inseln über 80 qm Wohnfläche, wo jede Person Namen, "Gesinnung" und je nach "Gesinnung" ein Talent (die Guten), einen Tick (die Neutralen) oder eine Perversion (die Bösen) hatte.
1984 las ich eine Rezension über D&D und entwarf sofort eigene Regeln: eine Art Solo mit Spickzetteln für die einzelnen Räume. Schon beim ersten Testspiel überrannte mein Spieler meine Vorbereitung, indem er bei der ersten Gelegenheit ins Nichtvorbereitete abbog, und ich verliebte mich ins Improvisieren. Seither habe ich nie wieder nach Unterlagen gespielt. Zu DSA im Speziellen kam ich über meine Mitarbeit. DSA-Spieler war ich nie - ein für einige Leser schockierendes Faktum - abgesehen von einigen Redaktions- und Testspielrunden.

DSA-Ticker: Wie wurdest Du DSA-Autor und Mitglied der DSA-Redaktion?
Hadmar von Wieser: DSA-Autor wurde ich, indem ich eine Stadt einschickte. Ich kann mich beim besten Willen nicht erinnern, was mich bewegte, Argentia, die wichtigste Stadt im Einsteiger-Spielgebiet meiner Spielwelt Mythomar, auf 60 Seiten zu beschreiben. Es waren wohl die ersten Kontakte mit Fanzines wie Tom Finns Die Schriftrolle und die beinahe regelmäßige Begeisterung, die meine Texte auslösten.
Irgendwann schickte ich Argentia dann an Ulrich Kiesow (oder wohl eher SCHMIDT-Spiele). Ulli schrieb zurück, dass sie leider gerade die erste Stadt publiziert hätten (die legendäre Havena-Box), dass meine Texte jedoch fast durchwegs besser sein als alles, was da drin sei. Im Endeffekt schaffte aber nur Leonardo der Mechanicus die Übersiedelung - damals in Tödlicher Wein, in diesem Jahr in Schlacht in den Wolken.
Mitglied der DSA-Redaktion wurde ich - noch ein für einige Leser schockierendes Faktum - als sich nach Ulis Tod dieser Begriff langsam herauskristallisierte, also fast 15 Jahre nach Beginn. Vorher existierte nicht einmal der Begriff.

DSA-Ticker: Was ist Deine Lieblings-Publikation bei DSA? Und warum?
Hadmar von Wieser: Ich habe immer gesagt, dass für mich der einzige Maßstab ist, ob meine Fans Spaß haben. In diesem Sinn sind meine Lieblings-Publikationen jene zwei, zu denen ich bis heute fast nur positive Kritik hörte: Das große Donnersturmrennen und die Box Die Wüste Khôm und die Echsensümpfe.
Mir persönlich machte das Elfenheft großen Spaß, aber bei diesem mystischen Thema war keine Chance, es allen recht zu machen; jeder stellt sich Elfen anders vor.
Vom künstlerischen Standpunkt ist meine Lieblings-Publikation mein aktuelles Handy-Solo-Abenteuer Absolute Macht (zu sehen unter http://www.dsa-mobile.de/). Ich glaube, da habe ich wirklich eine ausgewogene Kombination aus Stimmung, Spannung, Horror, Erotik, Intelligenz und Humor geliefert, auf engstem Raum komprimiert und auch noch die Besonderheiten eines Handy-Solos ausgereizt. Bislang bricht es alle Verkaufsrekorde gedruckter Publikationen ...

DSA-Ticker: Welche DSA-Publikation hätte nie veröffentlicht werden dürfen? Bitte mit Begründung!
Hadmar von Wieser: Eine verdammt harte Frage. Mir fallen etliche Publikationen ein, die ich persönlich nie veröffentlicht hätte. Aber nicht dürfen? Die Tatsache, dass einige wirklich peinliche Gruppenabenteuer, Romane und Merchandizing-Artikel trotzdem gekauft wurden, sagt doch einiges aus. grinsender Smiley
Aber da ich mich prinzipiell nicht um Antworten drücke: Dark Force. Die Idee eines Trading-Card-Spieles, bei dem man teurer als der Marktführer (Magic - The Gathering) billige Karten mit zusammenkopierten Illus ohne Zusammenhang auf einen bereits gesättigten Markt wirft - das halte ich ziemlich für den Rekord der an Fehlentscheidungen nicht armen DSA-Politik von Schmidt-Spiele.

DSA-Ticker: Nicht ganz fair, aber anhand Deiner stattlichen Zahl von Veröffentlichungen vielleicht nicht ganz so "schlimm": Welche Veröffentlichung von Dir hätte nie veröffentlicht weredn? Auch hier bitte mit Begründung...
Hadmar von Wieser: Im Gegenteil: eine faire Frage, wenn ich Produkte Anderer kritisiere.
Schwertmeister.
Mit meiner heutigen Erfahrung muß ich sagen, dass Manager, Herausgeber und Redakteure mit vielen Jahren Berufserfahrung so etwas nicht in Auftag hätten geben dürfen. Von der naiven Aufgabenstellung ("Advanced D&D verkauft sich besser als D&D. Machen Sie ein Advanced DSA.") über die Produktplanung ("Uns sind da von einem Buch 8.000 Sätze Runensteine übergeblieben. Bauen Sie die ein.") bis zum Teambuilding (Man nehme einen Redakteur, der für die Konkurrenz schwärmt, einen bereits überlasteten Spiele-Erfinder und einen Jungautor, der gerade mal ein halbes Abenteuer publiziert hat, und lasse sie ohne Kontakt und ohne Anweisungen drauf los arbeiten.) war das ein Paradebeispiel, wie man eine kleine Goldgrube zuschüttet.

DSA-Ticker: Was macht Deiner Meinung nach den Reiz von DSA aus?
Hadmar von Wieser: Das, was man heute Mediendeutsch Interaktivität nennt.
Die Fans hatten über viele Jahre die Wahl zwischen einem amerikanischen, gut entwickelten Powergaming-System mit enormer Auswahl an Helden, Zaubern und Gegnern und einem deutschen, ständig von Amateurfehlern sabotierten Rollenspiel-System mit einer überzeugenden Hintergrundwelt, an der sie sich mit Leserbriefen, Clubs, Cons, Beiträgen im Boten und - wenn sie wirklich gut waren - sogar als Autor beteiligen konnten. (Ich ignoriere bei dieser Analyse natürlich entscheidende marktwirtschaftliche Aspekte wie die Tatsache, dass der Großteil der Spieler immer jenes Rollenspiel kaufte, das in den Supermärkten vertreten war - unabhängig von obigen Überlegungen.)
Aber der Erfolg von Engel, von Feder & Schwert, scheint mir diesen Effekt zu bestätigen.

Himmlisches Feuer (Hardcover)

DSA-Ticker: Wie beurteilst Du die Entwicklung Aventuriens in den letzten Jahren?
Hadmar von Wieser: Ich habe in den letzten fünf Jahren die Entwicklung kaum noch verfolgt.
Ich halte es für sehr bezeichnend, dass die vier erfolgreichsten DSA-Roman-und-Abenteuer-Autoren heute bei Piper eine eigene Serie schreiben. Wir haben für die ersten vier Bücher mehr Planung investiert als ich in 20 Jahren bei der gesamten sogenannten DSA-Redakion gesehen habe.
Ich halte es auch für bezeichnend, dass die meisten der erfolgreichen DSA-Abenteuer-Autoren ab diesem Jahr Handy-Solos schreiben. Auch wenn viele Fans und Kollegen das als "Nebenpublikationen" abtun, steckt die kreative Power heute dort.

DSA-Ticker: Kommen wir nun genauer nach Aventurien - mit einer der vielen Leserfragen:
Zumindest Südaventurien hat eine Echsische Vergangenheit, die nicht aufgearbeitet ist. Jüngste Ereignisse deuten vermehrt auf echsische Aktivitäten hin. Kommt die Echsen-Kampagne?
Hadmar von Wieser: Bei mir hat noch niemand angefragt. *grinst*
Die Erfahrung zeigt allerdings, dass Anton Weste praktisch alles aufarbeitet, was von mir liegen blieb (Showdown in der Blutigen See, Stoerrebrandt, Schlacht in den Wolken)...

DSA-Ticker: Es heißt, dass Du in Zukunft nicht mehr für DSA schreiben wirst. Warum?
Hadmar von Wieser: Ich habe mich in dieser Angelegenheit immer diskret verhalten, um DSA nicht zu schaden. Denn de facto arbeite ich seit 1999 nicht mehr für DSA. Das hat zahlreiche Gründe, von denen ich nicht alle offenlegen kann:
Dass ich von den Honoraren nicht einmal mich ernähren kann, geschweige denn meine drei Kinder, ist der einsichtigste Grund, aber nicht der entscheidende.
Viel wichtiger sind meine Vorstellungen davon, was erfolgreiche Fantasy ausmacht.

Die derzeitigen DSA-Macher verfolgen eine Redaktionslinie, die genau die drei Dinge verhindern, die für meine Romane und Abenteuer unverzichtbar sind: epische Dimensionen, weitreichende Planung und Enthüllung kosmologischer Geheimnisse.
Es ist etwa so, als ob Homer als Exposé "Die Odyssee" einreichte und als Antwort erhielte: "Nette Geschichte. Aber von den sieben Abenteuern mußt du fünf rausnehmen, weil es solche Wesen und Kulturen nicht in Aventurien gibt. Die Irrfahrten mußt du so anlegen, dass die Distanzen nicht mehr als die Stecke Kuslik-Khunchom betragen. Und das Wichtigste: Verboten sind alle Andeutungen, aus denen die Existenz der griechischen Götter abgeleitet werden könnte ..."
Es gibt zweifellos gute Geschichten, die man in so einem Rahmen erzählen kann. Meine nicht. Es ist kein Zufall, dass meine derzeitige Serie GezeitenWELT heißt, während Aventurien ein Kleinkontinent von der Größe Europas ist, mit einer "tödlichen" Wüste, die man notfalls in vier Tagen ohne Wasser durchqueren kann. grinsender Smiley

Der größte Vorteil von DSA - dass es von Fans gemacht wird - ist auch sein größter Nachteil. Es gibt kaum nennenswerte Planung, Regeln, Kontrolle oder Strategien, um beliebte und erfolgreiche Geschichten, Elemente, Autoren und Illustratoren zu fokussieren. Die sogenannten DSA-Redaktion ist ein Haufen liebenswerter Amateure, die am liebsten in Ruhe gelassen werden wollen.
Ich sage das alles ohne Vorwurf. Im Gegensatz zu anderen Autoren habe ich mich nie ausgebeutet gefühlt: Ich schrieb IRGENDetwas, gab es IRGENDwann ab, es wurde IRGENDwo veröffentlicht, und IRGENDjemand bezahlt mir IRGENDwann ein wenig. Das ist ein Traum für einen zwanzigjährigen Amateur und ein Alptraum für einen vierzigjährigen Profi.
Davon abgesehen sage ich niemals nie. Aufgrund der zahlreichen Bitten meiner Fans (und der Frau meines Lebens) fand ich noch einmal Gelegenheiten, wo ich mir leisten konnte, für DSA zu schreiben. Im Jubiläums-Jahr 2004 erscheinen von mir ein Handy-Soloabenteuer, eine Kurzgeschichte, ein Abenteuer, begleitende Botentexte sowie bearbeitete Neuauflagen von Borbarad-Kampagne und Khom-Box.

DSA-Ticker: Gerade die epische Fantasy, die in einem Rahmen jenseits von "klein-klein" spielt, soll doch in Myranor, dem Güldenland, heimisch sein? Wäre daher nicht Myranor der ideale DSA-Ort für Dich als Autoren? Ähnlich wie damals Tharun?
Hadmar von Wieser: Klar. Wäre. Vor 15 Jahren wäre ich sofort mit meinen Geschichten von Aventurien nach Myranor übersiedelt und hätte dort ein 50.000-Mann-Heer, einige Titanen, einen untoten Thearchen und zwei bis drei Götter in Marsch gesetzt. grinsender Smiley

DSA-Ticker: Hat man als Autor, der sich für eine Fortsetzungsgeschichte verantwortlich zeigt, nicht eine "moralische Pflicht" die Geschichte bis zum Ende zu erzählen?
Hadmar von Wieser: Ich weiß nicht, ob es eine "moralische Pflicht" ist. Mir persönlich ist es ein dringendes Bedürfnis. Ich als Fan hasse es auch, wenn TV-Serien, Kinofilme, Comics oder Computerspiele mitten drin abbrechen.
Nachdem Ulrich Kiesow mich 1998/99 bei DSA feuerte (und sechs Monate später wieder einstellen wollte), arbeitete ich trotzdem noch zweieinhalb Jahre weiter, um den Fans das Ende der Borbarad-Kampagne liefern zu können - obwohl ich mir das als frisch gebackener Familienvater und arbeitsloser Künstler eigentlich finanziell nicht leisten konnte.
Als sich abzeichnete, dass es für die Elementaren Gewalten keine Unterstützung von Seiten der Herausgeber gab, musste ich das schlucken; ich tüftele aber bis heute an einer Möglichkeit, den Fans eine Fortsetzung zu liefern - selbst wenn ich selbst sie sicher nicht mehr schreiben werde.

DSA-Ticker: Was wird eigentlich aus Rondriga Chonchobair und der wahrscheinlich für DSA heterogensten Heldengruppe seit Spielbeginn bzw. wann erfährt man mehr?
Hadmar von Wieser: Die heterogenste Heldengruppe. Das ist eine sehr hübsche und intellektuelle Art, das Problem zu formulieren. Anders gesagt: zu bunt, zu verschieden, zu fantastisch.

DSA-Ticker: Hehe - aber die Frage war ja nicht, ob diese Gruppe eine "zu bunte" Gruppe ist oder so, sondern was mit ihnen passiert. Das Du dahingehend nicht weiter schreiben wirst, wurde ja aus Deiner anderen Antwort gerade klar, aber was hast Du denn für grobe Gedanken bisher skizziert?
Hadmar von Wieser:Ok, Ausweichmanöver mißlungen. *grinst*
Natürlich war die ursprüngliche Idee, diese Heldengruppe alleine alle sechs Elementaren Zitadellen finden und mit den Schlüsseln das neue Zeitalter zu gestalten zu lassen. Wenn ich mir die Konzeptdateien heute ansehe, bin ich froh, dass nichts daraus wurde: das kleine Aventurien hätte nie ausgehalten, was ich da vorhatte.
Aber ich kann versprechen, dass meine größenwahnsinnigen Pläne in meinen Büchern der nächsten Jahre Gestalt annehmen werden.

DSA-Ticker: Wird es eine Fortsetzung von Erde & Eis geben?
Hadmar von Wieser: Soweit ich so etwas sagen kann: Nein. Nach meinen jüngsten Kontakten mit der DSA-Redaktion habe ich den Eindruck, dass meine Geschichten, die immer episch groß angelegt sind und eine wichtige kosmologische Entdeckung schildern, der Redaktionslinie grundsätzlich widersprechen.

DSA-Ticker: Wenn es Elementare Gewalten II schon nicht als Buch gibt, warum dann nicht im Internet auf http://www.hadmar.com/?
Hadmar von Wieser: Ja, so etwas ist angedacht. Vielleicht wollt ihr sie schreiben? grinsender Smiley

DSA-Ticker: Du sagtest gerade, dass Du an einer Möglichkeit tüftelst, den Fans eine Fortsetzung zu liefern. Aber selber willst Du sie nicht schreiben. Wie ist das denn genau gemeint? Soll das eine Open Source Novel werden, die von Dir betreut wird?
Hadmar von Wieser: Genau. Open Source Novel heißt so etwas auf deutsch. Wenn wir eine Möglichkeit fänden, bei der ich sie NICHT betreuen muß ... Aber ich bezweifle, dass ohne zentrale Planung eine wirklich gute Geschichte entstehen kann.

DSA-Ticker: Wann schreibt Hadmar von Wieser einen DSA-Roman?
Hadmar von Wieser: 1. Wenn es so viele DSA-Romanleser gibt, dass ein professioneller Verlag so viel Geld verdienen kann, dass trotz der ungewöhnlich hohen Lizenzgebühren an FanPro bei mir so viel Geld ankommt, dass mir die Bank nicht Strom und Wasser abdreht, während ich den Roman schreibe.
2. Wenn sich bei den DSA-Machern der Standpunkt durchsetzt, den inzwischen sogar die Hollywood-Mogulen nachvollziehen können, nämlich dass stimmige Publikationen in verschiedenen Medien sehr wohl den Redaktionsaufwand wert sind, weil die Fans nämlich honorieren, wenn Rollenspiel, Buch und Computerspiel zusammen passen und einander ergänzen.

DSA-Ticker: Umgekehrt heißt dies, dass sich die Arbeit für DSA-Autoren nicht wirklich lohnt?
Hadmar von Wieser:*bekommt_einen_Hustenanfall_und_kommt_fünf_Minuten_später_zurück*
Ich weiß, dass die Rechnung von außen aussieht wie: Wir sind doch viele tausend Fans und bezahlen jeder 19,90 Euro. Davon muß der Typ doch leben können.
Leider leben von dieser Kohle der Verkäufer, sein Finanzamt, der Laden, sein Finanzamt, der Vertreter, sein Finanzamt, der Versand, sein Finanzamt, der Packer, sein Finanzamt, der Drucker, sein Finanzamt, der Setzer, sein Finanzamt, der Redakteur, sein Finanzamt, der Lektor, sein Finanzamt, der Korrektor, sein Finanzamt, und der Lizenzgeber und sein Finanzamt. (Ich habe der Einfachheit halber sechs Berufe ausgelassen.) Von dem, was nun überbleibt, bekommt der Graphiker die Hälfte und der Irre, der die dreihundert Seiten dahinter geschrieben hat, den Rest. Dann kommt SEIN Finanzamt.
Kurz, es ist so, als ob du einen Drachenhort erbeutest und auf dem Rückweg ein ZWEITES Abenteuer spielen mußt, in dem dich nach einander 12 Yetis, 30 Orks, 15 Goblins, 12 Grolme, 1 Troll, 1 Vampir, ein Raubritter und Dexter Nemrod überfallen - und zwischen jeder Szene kommt einmal der Drache vorbei und holt sich die Hälfte der Beute zurück.

DSA-Ticker: Wieviel müssen wir Fans sammeln, damit Du wieder für DSA schreibst?
Hadmar von Wieser: Ein ganz reizendes Angebot. Ein guter Anfang wäre, wenn jeder von euch fünf neue DSA-Spieler sammeln könnte...

DSA-Ticker: Angeblich ist ja ein Handy-Spiel von Ihnen erschienen. Stimmt dies und falls ja, warum schreiben Sie dann doch noch mal etwas zu DSA, wo sie doch ansonsten das dankend ablehnen?
Hadmar von Wieser: Erstens halte ich die Handy-Solos für den Teil einer neuen Art von Unterhaltung, die genauso innovativ und originell wird wie seinerzeit das Rollenspiel.
Zweitens ist Stefan Blanck von Chromatrix ein Mann, der meine Vorstellungen teilt: Qualität, Verantwortung den Spielern gegenüber, Stimmigkeit der Geschichten und Geschäftserfolg durch bedingungslose Kundenorientierung.
Drittens bekomme ich bei Chromatrix einen Vertrag, der sowohl meinem Marktwert als Künstler als auch den üblichen Gepflogenheiten im Medienbereich entspricht.
Absolute Macht ist übrigens bereits im August erschienen und wurde bereits nach einer Woche mit dem Megastar ausgezeichnet.

Absolute Macht

DSA-Ticker: Worum geht es in dem neuen Handy-Abenteuer von Dir?
Hadmar von Wieser: Worum es in all meinen Abenteuern geht: das, was sich die meisten Spieler wünschen. Die Möglichkeit etwas Heroisches, Übermenschliches, Einzigartiges zu leisten und zu erleben; etwas, das in der normalen Welt nicht möglich ist; und etwas, was die normalen Rollenspiel-Regeln nicht erlauben.
Insbesondere geht es in Absolute Macht um meine Lieblingsthemen: sanftmütige Elfen und kaltblütige Echsen, ein uraltes Geheimnis, das Böse und seinen unfehlbaren Masterplan, und eine Person, die Absolute Macht erlangt - und es ist, das verspreche ich, die eine Person in Aventurien, von der du das am wenigstens erwartest.
Die Geschichte habe ich der Zielgruppe der Handy-Besitzer entsprechend angelegt: noch nie gab es so viel Bösartigkeit, moralische Abgründe und Erotik in einem deutschsprachigen elektronischen Spiel.
Das Ganze dauert laut Branchen-Insidern doppelt so lange wie andere Handy-Solos, bietet im Gegensatz zu Print-Solos noch beim zehnten Mal Spielen noch Überraschungen und kann für gemütliche 4,99 Euro bei http://www.chromatrix.com/html/absolute_macht.html runtergeladen werden.
Ich empfehle jedem Fantasy-Fan, einmal ein Handy-Solo auszuprobieren. Danach kannst du gerne "Was für ein Plunder" sagen oder "Mehr, mehr, mehr" - aber diese Neuigkeit zu versäumen wäre eine Schande.

DSA-Ticker: Noch habe ich das Spiel nicht gespielt (erst im Jänner wird es wohl ein entsprechendes Handy hier geben) - aber wenn man sich die ersten Berichte anschaut, dann scheint das Abenteuer mal so eben en passant "Der Herr der Ringe" nach Aventurien zu portieren. Bei aller Begeisterung für fantastische Elemente - ist das mit dem Ring nicht gerade etwas abgekupfert?
Hadmar von Wieser: Ja, ich habe mir das erste Mal erlaubt, was andere Autoren ständig tun, nämlich eine Idee von Tolkien zu benützen.
Immerhin wollte ich völlig rollenspielfremde Handy-User ebenfalls ansprechen - und die halten "Der Herr der Ringe" ja für einen Film!
Anschließend habe ich eine völlig eigenständige Geschichte daraus gemacht. Wer meine Geschichten kennt, weiß, daß ich keine Ringgeister, Balrogs und Hobbits brauche, um einen Spieler, der einen Ring sucht, zu Höchstleistungen zu peitschen.
Wie auch immer: Von dem Fußballstadion voll Fans, die es bisher spielten, hat sich nicht einer beschwert. grinsender Smiley

DSA-Ticker: Glaubst du persönlich an Magie?
Hadmar von Wieser: Allerdings. In den letzten zehn Jahren ist für mich unübersehbar geworden, dass unsere Wirklichkeit nur das ist, was wir dafür halten - und das bedeutet, dass wir mit unserer Vorstellung beeinflussen, was Wirklichkeit IST. Mein Leben und meine Karriere sind Produkt meines Willens: wo ich fest an etwas glaubte, es vor mir sah und konzentriert und optimistisch war, da wurde alles besser, als ich es mir vorstellen konnte; wo ich zu unkonzentriert, zu feige und unklar über meine Wünsche war, da geschah nichts - bzw. das, was alle anderen um mich herum haben wollten.
Es fängt mit Astrologie an (ich kann einfach nicht ignorieren, dass ich ein typischer Löwe bin). Ich habe gelernt, barfuß über glühende Kohlen gehen. Meine Liebesbeziehung und zwei meiner Freundschaften (alle drei wohnen etliche hundert Kilometer von mir entfernt) haben mir Dutzende Male bewiesen, dass Telepathie ein natürliches Phänomen ist.
Natürlich kann niemand Feuerbälle werfen oder Dschinnen beschwören; dazu ist der Manalevel dieser Dimension zu niedrig. Aber ich weiß, dass es einen Unterschied macht, ob ich meinen Charismazauber aktiviere, ehe ich auf die Bühne gehe, oder nicht. Und ich weiß, dass der Zauber "Liebe deines Lebens beschwören" mit ein paar Jahren Vorbereitung und den nötigen Talentsteigerungen funktioniert. ;-)

DSA-Ticker: Was bedeuten Dir Cons und Rollenspielertreffen wie der NordCon?
Hadmar von Wieser: Extrem viel. Eine Geschichte ist immer erst fertig, wenn der Zuhörer reagiert. Die Reaktionen meiner Leser, Spieler, Fans und Zuhörer zeigt mir, wo ich gut bin, wo ich einzigartig bin und wo ich noch an mir arbeiten muß.
Ich habe nie ein Geheimnis daraus gemacht, dass ich nicht für Geld arbeite (sonst hätte ich ja auch nicht für DSA gearbeitet), sondern für Anerkennung - und die bekomme ich auf den grossen Cons in einem Ausmaß, von dem viel erfolgreichere Schriftsteller nur träumen können.

DSA-Ticker: Wie kommt man dazu solch amüsanten "One-Man-Shows" auf Cons zu veranstalten?
Hadmar von Wieser: Das muß etwas damit zu tun haben, dass meine Mutter mich immer vermöbelte, wenn ich meine kleine Schwester nicht zum Lachen brachte. grinsender Smiley
Nein, im Ernst: Ich war schon als Kind der Alleinunterhalter für meine Geschwister. Mit 14 steckte ich in einer Klasse von Jungkriminellen, die ihr gesamtes Sozialverhalten über Fußball und Prügeln definierten. In jenem Jahr hatten der Klassenstreber und ich einen Notendurchschnitt von 1.1, die anderen 15 Rabauken von 4.2; der Rekordhalter bekam in sieben Fächern einen blauen Brief wegen einer drohenden Fünf. Die Kung-Fu-Jungs (damals war Bruce Lee in) verkloppten den Klassenstreber und sagten: "Eins muß man Hadmar lassen, der ist genau so 'ne faule Sau wie wir." Zum Jahresabschlußabend planten sie ein Programm, dass alle Lehrer übelst durch den Kakao zog. Und dann waren sie zu feig, es zu bringen, und fragten diesen schlaksigen Dödel, der keinen Fußball treffen konnte, ob er es übernehmen würde. Nun ja, wenn Dschingis Khan und Jack the Ripper sich fürchten, etwas zu tun, was du dir zutraust, dann würdest du das auch zu deinem Beruf machen, oder?

DSA-Ticker: Wie wurdest Du Autor?
Hadmar von Wieser: Irgendwie war ich "schon immer" Schriftsteller. Ich konnte mit vier Jahren schreiben, mit zehn wurde mein erstes Gedicht im Klassenraum ausgehängt, mit vierzehn ließ mich die Deutschlehrerin einen Aufsatz exemplarisch vortragen. Ab achtzehn gab ich Schüler-, Studenten- und Vereinszeitschriften heraus, mit 20 schrieb ich frustrierte Liebesgedichte, mit 23 bewarb ich mich mit einem Manuskript bei Das Schwarze Auge.

DSA-Ticker: Wie kann man sich den Prozess des "Ich schreibe jetzt einen Roman!" vorstellen?
Hadmar von Wieser: Das hängt davon ab, ob du hoffnungsvoll deinen ersten Roman schreibst oder vom Romanschreiben leben mußt.

Als ich 1996 mit Der Lichtvogel begann, hatte ich eine diffuse Inhaltsangabe von etwa drei Sätzen im Kopf sowie ein halbes Dutzend Bilder, die ich beschreiben wollte. Im Wesentlichen begann ich eines Tages zu schreiben und hörte zwei Monate später auf, weil ich mehr als 350 Seiten geschrieben hatte. Zwischendurch las ich fast die Hälfte aller DSA-Publikationen noch mal und notierte mir alles, was irgendwie mit Raidri Conchobair, LOS, Drachen, Raschtulswall und Ehernem Schwert und anderen Themen zu tun hatte. Während des Schreibens versuchte ich, ein Element nach dem anderen anzusteuern und einzubauen; etwa ein Drittel blieb am Ende übrig.
Das Endergebnis war in etwa so, als schnitte man aus drei Hollywood-Action-Blockbusters die lautesten und buntesten Szenen zusammen und unterlege das ganze mit soviel Handlung wie in einem MTV-Videoclip Platz hat.
Für den phantastischen Internet-Thriller, an dem ich derzeit arbeite, habe ich zweieinhalb Jahre Vorarbeit hinter mir: Acht Monate brauchte ich, um die Verschwörung zu durchleuchten, die ich beschreibe (und die in den nächsten zwölf Monaten vermutlich so zuschlagen wird, dass es in allen Zeitungen steht). Für meinen Hauptdarsteller Luzifer las ich ein Dutzend Bücher über Theologie, Magie, Mythologie, Parapsychologie, Kampfsport, Psychoanalyse und Tantra-Sex. Ich habe so nahe an Russenmafia und Rotlichtmilieu recherchiert, wie ich es riskieren konnte. Ich habe einen Hacker interviewt, einen Zuhälter und einen Agenten eines europischen militärischen Geheimdienstes. In einigen Wochen werde ich in Wien in die Kanalisation steigen. Eventuell muß ich mich noch in die skandinavische Virus-Schreiber-Clique einarbeiten. Jede Szene in meinem Entwurf (derzeit zur Hälfte fertig) hat einen konkreten Zweck: entweder stellt sie einen Darsteller vor, läßt zwei aufeinanderprallen (auch Verbündete), oder ist ein Schritt in der Entwicklung eines Darstellers. Und wenn sie keinen Zweck hat, fliegt sie raus, auch wenn das noch so weh tut.
Das Ergebnis werden meine Leser voraussichtlich 2005 sehen; derzeit darf ich nicht einmal den Arbeitstitel nennen, weil der verraten würde, auf welcher Spur ich bin ...

DSA-Ticker: Welche Bedeutung hat http://www.hadmar.com/ für Dich?
Hadmar von Wieser: Diese Domain ist - wie das schön neudeutsch heißt - meine Internetpräsenz. Sprich: sie gibt Lesern, Gegner, Journalisten, Verlagen und Zufallsbesuchern die Möglichkeiten, mehr über mich und meine Arbeit zu erfahren.
Dazu kommt natürlich ein Gefühl von Stolz und Luxus: es kann nicht viel mehr als tausend Menschen auf diesem Planeten geben, die eine com-Domain mit ihrem Vornamen besitzen (und die meisten davon gehören Internet-Großgrundbesitzern; such mal, wer deinen eigenen Namen besetzt hat) und es gibt keine zehntausend com-Domains mit sechs oder weniger Buchstaben. Auf jeden Fall habe ich mehr daraus gemacht als http://www.karl.com/, http://www.joerg.com, http://www.juergen.com/ oder http://www.lars.com/. grinsender Smiley

DSA-Ticker: Zumindestens http://www.jens.com/ ist weg - aber zur Not nimmt man halt http://www.vinsalt.com/ grinsender Smiley
Aber zur eigentlichen Frage: Seit wann bist Du im Internet aktiv, und wie nutzt Du dieses Medium?
Hadmar von Wieser: Ich habe schon 1981 während des Mathematik-Studiums typische Universitäts-Netzwerke benützt, aus denen später das Internet entstand. Ab 1999 habe ich meine Projektseite http://www.luzifer.at/ eigenhändig programmiert (so sieht sie auch aus) und auf zeitweise 150.000 Besucher im Monat gebracht. Seit zwei Jahren ist http://www.hadmar.com/ meine offizielle Homepage.
Ich verbringe etwa zwei Stunden täglich damit, im Internet zu recherchieren und Unsinn zu lesen. Die Planung für die meisten Projekte läuft per Email; für die Gezeitenwelt haben wir in den heißen Phasen 1.000 Mails pro Buch ausgetauscht. Ich bekomme kaum noch Leserbriefe, der Großteil meiner Fankontakte läuft über hadmar_fanpost@hotmail.com. Drei meiner besten Freunde sowie die Frau meines Lebens wohnen um die 1.000 Kilometer entfernt, weswegen Emails ein wichtiges Kontaktmedium sind. Außerdem habe ich Phasen, wo ich Nächte lang im Battlenet hänge und Dämonen, Aliens und Untote jage.

DSA-Ticker: Wann hast Du das erste Mal von der Gezeitenwelt gehört?
Hadmar von Wieser: In einer Planungskonferenz der vier Autoren in Hamburg, wo der Name entstand, glaube ich. Aber was du wohl eigentlich meinst: von dem Projekt hörte ich 1999, als mich Bernhard Hennen fragte, ob ich mit ihm eine ganze Fantasy-Welt beschreiben wolle.

DSA-Ticker: Warum hast Du Dich entschlossen bei so einem Projekt, dessen Erfolg ungewiss ist, mitzumachen?
Hadmar von Wieser:*lacht*
Ich bin Künstler. Ich bin Freiberufler. Alles, was ich in den letzten 20 Jahren machte, war ungewiss. Ich habe Projekte sterben sehen, Pläne, Versprechen, Verträge, Firmen und Chefredakteure. Und dabei gehöre ich zu den wenigen privilegierten Autoren, die annäherend zuverlässig wissen, dass veröffentlicht wird, was ich schreibe. Ich kenne Kollegen, die auf halbfertigen Sourcecodes für Computerspiele und fertigen Manuskripten für Bücher sitzen blieben. Himmlisches Feuer war das erste Buch, bei dem ich einen juristisch sauberen Vertrag hatte, als ich zu schreiben begann.
Ich habe keine Ahnung, ob jemals wieder ein Gezeitenwelt-Roman erscheint: selbst wenn mir Agent, Lektorin und Cheflektorin ja sagen, gibt es noch Vertriebschefin und Verlagsleiter, die nein sagen können.
Warum habe ich mich entschlossen mitzumachen? Weil die Idee so gut war, dass ich riskieren wollte, anderthalb Jahre für nichts als einen Tritt in die Fresse zu arbeiten. grinsender Smiley Was denkt ihr, warum ich über Wahnsinnige schreiben kann, die sich alleine einem Heer stellen oder sich mit einer weltumspannenden Verschwörung anlegen?

DSA-Ticker: Wie kamst Du auf die Figur des Fünfarms? Und müsste er nicht eigentlich Fünfhand heißen?
Hadmar von Wieser: Die Idee entstand wohl, als ich in als Zehnjähriger The Golden Voyage of Sinbad (1974) sah, in dem Ray Harryhousen mit damals modernster Stop-Motion-Technik Sindbad gegen eine sechsarmige Göttin mit sechs Säbeln antreten ließ (http://www.horror-wood.com/harrygod.htm).
Ziemlich gleichzeitig begann ich die indischen Sagen des Mahabharata und der Upanishaden zu lesen. Der sechsarmige Shiva, Gott der Zerstörung und des Tanzes, ist eine der bekanntesten Darstellungen indischer Götter. Auch Kali, die Göttin des Todes, wird meist mehrarmig und bewaffnet dargestellt. Dazu kamen Rakshasas, schreckliche Riesen, die ebenfalls oft mehrere Arme hatten.
Ich ließ in all meinen Fantasy-Welten vielarmige Monster auftreten: mehrere Finalgegner in meiner privaten Rollenspielwelt Mythomar, die Rakshasas in Schwertmeister, der siebenarmige Shihayazad, der den Schwertkönig Raidri Conchobair tötet.
Als ich mit Bernhard Hennen über einen Romanzyklus mit einer eigenen Fantasy-Welt nachzudenken begann, war eine meiner Bedingungen, dass ich darin einen sechsarmigen Kriegsgott bzw. eine ganze Rasse davon unterbringen konnte.
Anschließend ging es darum, diese überirdische Figur irgendwie "menschlich" zu machen - und da war der Verlust einer Hand ein guter Anfang.

DSA-Ticker: Du Sesselpuper! Wird es ein Wiedersehen mit Fünfarm geben? Sprich endlich, Fischlippe!
Hadmar von Wieser: Wenn es einen weiteren Gezeitenwelt-Roman von mir gibt, wird Fünfarm ihn verwüsten. Meine Lektorin hat mir sogar vorgeschlagen, Fünfarm in einen Dimensionsstrudel fallen zu lassen und eine eigene Serie mit ihm aufzumachen.
Übrigens beleidigt Fünfarm nur mit Begriffen, die auch treffen: Er würde mich jederzeit als Sesselpuper bezeichnen, aber nie als Fischlippe. Besser vielleicht Spargelbauch - ich bin zwei Meter groß.

DSA-Ticker: Was unterscheidet die zweite Staffel von der ersten Gezeitenwelt-Staffel?
Hadmar von Wieser: Wenn der Verlag eine zweite Staffel haben will, werden wir sie eine halbe Generation später spielen lassen, wenn die Magie, die Klimakatastrophe und ###ZENSIERT### sich unübersehbar ausgebreitet haben.

DSA-Ticker: Die Formulierung klingt so, als ob das mit der zweiten Staffel noch nicht sicher wäre. Gibt es denn dahingehend Anzeichen oder ist das Zweckpessimismus, damit man sich freut, wenn's doch anders wird?
Hadmar von Wieser: Wie ich oben sagte: NICHTS ist sicher in dieser Branche. Das ist Zweckpessimismus, damit man sich freut, wenn's doch anders wird.

Himmlisches Feuer (Softcover)

DSA-Ticker: Kannst Du die ganzen "chinesischen" Namen in Serkan Katau aussprechen?
Hadmar von Wieser: Eigennamen wie Kang hua Schiang oder Tschöng-Hau Leng sind ja nicht wirklich schwer auszusprechen, oder? Und bei blumigen "Übersetzungen" wie Kriegsherr der Geheimen Kammer, der die Mantikoren bezwang und verspeiste oder das Länder überspannende Feld der Krieger geht es ja weniger um Aussprache als um Gedächtnis.

DSA-Ticker: Gilt die Regel von "10 Aussagen, mindestens ein total falscher Satz" eigentlich auch für Interviews?
Hadmar von Wieser: Nein, nein, die Regel heißt: "Wenn man mich öffentlich oder in einem Interview nach Hintergrund zu meinem Romanen fragt, ist jeder zehnte Satz eine absichtliche Irreführung."
Und so sollte jeder gute Geschichtenerzähler verfahren. Oder möchtest du wirklich auf Seite 12 deine Frage beantwortet haben: Wie geht das aus?
Selbstverständlich sind alle meine Antworten zu meiner Person oder meinen Publikationen wahrheitsgetreu - nur wenn es um Geheimnisse geht, die meine Leser entdecken sollen, lege ich gerne falsche Fährten, damit es spannend bleibt.

DSA-Ticker: Sind bei der Gezeitenwelt Dinge (Produkte) geplant, die nicht im eigentlichen Kontext als Bücher, erscheinen werden?
Hadmar von Wieser: Geplant ist gar nichts. Aber es ist verblüffend, worüber wir schon gesprochen haben. Unser vermutlich treuester Hardcore-Fan hat mir kürzlich ein Gezeitenwelt-Kartenspiel gezeigt...

DSA-Ticker: Angeblich hast Du für die bessere Enfühlung im Rahmen der Elfenbox grün auf gelb geschrieben. Was war Deine Inspiration für Himmlisches Feuer?
Hadmar von Wieser: Faszinierend, welche Details meine Fans immer wieder wissen. grinsender Smiley
Die Gezeitenwelt ist viel zu vielfältig, um ihr mit einer einzigen Sinneswahrnehmung nahe zu kommen; auch dauerte die Arbeit an einem Buch wie Himmlisches Feuer insgesamt sechs Monate. Unter anderem besorgte ich mir CDs mit primitiver vietnamesischer Bambus-Musik (für die Szenen in den Nördlichen Königreichen des Reiches der Tugend - ich wollte eben keine klassische chinesische Opernmusik), mongolischer Obertonmusik (für die mangalischen Piraten) und afrikanischen Stammesgesängen (für die Eherne Liga; letzere erwiesen sich aber als wenig stimmungsvoll).
Die drei Szenen, in denen Fünfarm sich mit einem ganzen Heer anlegt, schrieb ich prinzipiell, nachdem ich 15 Minuten lang Techno (bevorzugt Darude: Sandstorm, aber ich bin da wirklich nicht engstirnig) getanzt hatte und richtig im Adrenalin- und Bewegungsrausch war.
Für Eulykien hatte ich (etwa im Mai) ständig die Fenster offen, um mich daran zu erinnern, Kälte zu beschreiben.
Für die Theatro-Szenen mit Carissimo schaltete ich im Radio eine Woche lang einen dieser Schlagersender ein, wo Howard Carpendale und Marianne Rosenberg noch als kulturelle Höhepunkte gelten.
Es ergab sich auch einmal eine Woche, wo ich mich nur von Fisch und Mais aus der Dose ernährte; nicht geplant, sondern weil ich keine Zeit mehr für Haushalt hatte; aber das half mir die Landstreicher-Passagen der Gefährten auf der Flucht zu schreiben.
Ich kann mich auch noch erinnern, dass ich einige Szenen mit Hauptmann Kang entweder stehend oder auf Knien tippte - nicht unbedingt, weil das Kangs Haltung in dieser Szene entsprach, sondern weil die disziplinierte Muskelanspannung mir den Biss für diesen Elitekrieger gab.

DSA-Ticker: Wo sind die anderen blauen Götter?
Hadmar von Wieser: Im Unvollendeten Palast im Norden von Serkan Katau. Das hoffen wir jedenfalls, nicht? Die werden doch nicht heraus kommen ...
*schauder*

DSA-Ticker: Willst Du uns nicht die Bedeutung von dem einen oder anderen Runenstein/Schriftzeichen der VIVO-Schrift offenbaren?
Hadmar von Wieser: Ja. Eine Rune, die wir bisher noch nicht veröffentlichten, steht für den Laut "tsch".

DSA-Ticker: Was kommt nach der Gezeitenwelt?
Hadmar von Wieser: Luzifer. Alle Bücher, die ich ich den nächsten Jahren schreiben werde, beschäftigen sich mit Luzifer.
Was geschieht mit unserer Welt, wenn der gefallene Engel live auftritt - als Popstar, als Politiker, als Geschäftsmann - und zwar so, dass jeder Esoteriker, jedes Medium und jeder Spinner erkennt, wer und was er ist, während jeder Rationalist und Technokrat eine vernünftige Möglichkeit sieht, seine überirdischen Fähigkeiten zu erklären.
Ich bereite derzeit drei Romane, ein Computerspiel und mehrere Live-Inszenierungen vor. Ich habe mir die Wortmarke beim Patentamt schon 1999 schützen lassen.
Für die drei Bücher gibt es derzeit (getrennte) Verhandlungen, aber naturgemäß weder Titel noch Erscheinungstermine. Die Arbeitsttitel sind "Luzifer: Der Virus" (Thriller), "Engel" (Phantastik) und "Summer of '99" (Komödie). Auf meiner Homepage werden Umfragen, Hintergrundstudien und Vorabpublikationen erscheinen, sobald ich so weit bin. Ich halte gerne jeden Interessenten auf dem Laufenden; meldet euch einfach auf http://www.hadmar.com/ für meinen Newsletter an.

DSA-Ticker: Hast Du noch irgendwelche besonderen Wünsche/Grüße für die Besucher von Vinsalts DSA-Service?
Hadmar von Wieser: Aber klar doch.
Herzlichen Dank an Jens Matheuszik für seine Geduld, bis ich alle Fragen beantwortet hatte, die er gesammelt hatte.

Ich wünsche euch viel Spaß und Glück.
Ich wünsche euch, dass ihr an eure eigene Magie glaubt und sie findet.
Ich wünsche MIR, dass ihr euch meine Luzifer-Romane anseht, sobald sie erscheinen (wer will kann meine chaotisch-erleuchtete Projektseite http://www.luzifer.at/ als Inspiration durchwühlen). Und bis dahin könnt ihr http://www.hadmar.com/ besuchen und den Newsletter bestellen, um auf dem Laufenden zu bleiben, wie und wo Hadmar von Wieser gerade die Wirklichkeit verändert ...


Quelle: Weiterführende Links:
Vinsalts DSA-Service Den Roman Himmlisches Feuer bestellen:
bei amazon.de bestellen
(versandkostenfrei ab 20,- Euro)