Vinsalts DSA-Ticker

Aktuelles Im Gespräch Rezensionen Aventurien-Kurier

Interviews und Gespräche die Vinsalts DSA-Ticker rund um Das Schwarze Auge führt sind hier aufgelistet. Ob nun mit der DSA-Autorenschaft, mit Personen aus der "Szene" oder anderen die irgendwie etwas mit DSA zu tun haben - hier findet man die Fragen und natürlich auch die dazugehörigen Antworten.

Im Gespräch...
Jörg Raddatz zur Spielhilfe Kirchen, Kulte, Ordenskrieger:

Die aventurischen Geweihten haben einen großen Weg hinter sich gebracht. Über das alte Buch der Regeln II, über die alte Spielhilfe Die Götter des Schwarzen Auges bis hin zum Götterheft in der Box Götter, Magier und Geweihte ist das Bild der Geweihten immer wieder angepasst und geändert worden.
Nun erscheint mit der Spielhilfe Kirchen, Kulte, Ordenskrieger eine Ergänzung zu dieser Box, die sich thematisch um die Religionen in Aventurien dreht.
Verfasst wird diese Spielhilfe von einigen bekannten DSA-Autoren, zusammentragend und redaktionell tätig wurde hier jedoch Jörg Raddatz, der durch zahlreiche Spielhilfen - wie z.B. die äußerst erfolgreiche Kaiser Retos Waffenkammer bekannt ist. Jörg Raddatz stand Vinsalts DSA-Ticker Rede und Antwort anläßlich der neuen Spielhilfe und weiterer Projekte.


DSA-Ticker: Seit wann gibt es seitens der Redaktion die Planung Kirchen, Kulte, Ordenskrieger (KKO) zu schreiben, bzw. was hat die Redaktion dazu bewogen?
Jörg Raddatz: Als Idee seit geraumer Zeit, die eigentliche Arbeit (eingeleitet durch eine dreitätige Sitzung, auf der sehr viel überfällige kosmologische Streitfragen geklärt wurden) begann praktisch parallel zur Myranor-Box.

Jörg Raddatz als Granducco Jucco d'Allentino auf dem Bilstein-Konvent 1999

DSA-Ticker: Was ist die "Zielsetzung" dieser Spielhilfe?
Jörg Raddatz: "Kirche, Kulte, Ordenskrieger" soll die Angaben aus Götter, Magier und Geweihte (GMG) ergänzen, aktualisieren und da, wo es sich als sinnvoll erwiesen hat, auch korrigieren. Letzteres vor allem im Bereich der Mirakel und Wunder.

DSA-Ticker: Ist denn "Kirche, Kulte, Ordenskrieger" eher eine Ergänzung zum alten Götterheft, oder aber ersetzt es dieses, denn mit 128 Seiten ist es ja deutlich umfangreicher als das Götterheft aus der GMG-Box mit 92 Seiten.
Jörg Raddatz: "Kirche, Kulte, Ordenskrieger" ist als Erweiterung gedacht - die Angaben aus GMG zu wiederholen wäre viel zu platzaufwendig und auch unfair gewesen, da die Box ja weiterhin benötigt würde, um das Magiertum darzustellen. Also haben wir GMG dort aktualisiert oder korrigiert, wo es nötig war, doch das meiste bleibt unverändert gültig.

DSA-Ticker: Die Box "Götter, Magier und Geweihte" ist ja für die arkanen und theologischen Aspekte in Aventurien zuständig. Jetzt ist vor kurzem mit Compendium Salamandris eine Ergänzung im magischen Bereich erschienen, und nun steht mit KKO die religiöse Erweiterung zu dieser Box an.
Warum hat man nicht einfach auf eine Neuauflage der GMG-Box hingearbeitet, anstelle zwei kostspielige Ergänzungen zusätzlich zur GMG-Box herauszubringen?
Jörg Raddatz: Für KKO kann ich sagen, daß hier nur dann Angaben aus GMG wiederholt werden, wo es für das Verständnis und die Lesbarkeit nötig ist - wir wollten schließlich keine reine Ansammlung von "ersetze in Zeile 23" und "ergänze in Zeile 45". Damit bleiben praktisch 120 Seiten Neuheiten, die nicht in einem GMG 2.0 unterzubringen wären.

DSA-Ticker: Heißt das denn, daß eine überarbeitete Fassung von GMG - also Version 2.0 - mittel-, bzw. langfristig geplant ist? Oder wäre es nicht eher sinnvoll, in Zukunft eine reine Magie-Box und eine reine "Theologie"-Box herauszubringen?
Jörg Raddatz: Dazu kann ich zu diesem Zeitpunkt einfach noch nichts sagen. Im Bereich der Theologie müßte man dann aber gut überlegen, wie man eine Box fair füllt, ohne wiederum die Angaben aus KKO zu wiederholen...

DSA-Ticker: Wird es für das Spiel von geweihten Heldentypen nach dem Erscheinen von KKO gravierende Änderungen geben?
Jörg Raddatz: Gravierend? Das ist ein Sache des Standpunktes. Zwar gibt es neue Elemente der Geweihtenlebens, und manche Priestern sollten sich klarwerden, zu welcher innerkirchlichen Philosophie sie sich wohl rechnen, aber man kann jeden Geweihten ohne Probleme weiterspielen.

DSA-Ticker: Wie muß man sich die Weihe denn vorstellen. Und wird endlich etwas zur späteren Weihe von weltlichen Heldentypen gesagt?
Jörg Raddatz: Ja, zur nachträglichen Weihe wird das nötige gesagt, wenn auch ohne unnötige Kompliziertheit. Es kommt mehr auf den Gott als auf Formalia an, ob er einen neuen Geweihten akzeptiert.
Aber das gilt eigentlich immer: Zwar empflieht der Hochgeweihte den Kandidaten seiner Gottheit (und sollte sich daher gut überlegen, ob er für ihn eintreten und bürgen will), aber über die eigentliche Weihe wird höheren Ortes entschieden. Die Seele des meditierenden Novizen zu sich emporrufen, sie prüfen und ggf. mit einem Hauch der Göttlichkeit berühren und sie dergestalt verwandelt und von karmatischer Kraft erfüllt in den Körper zurücksenden kann nur ein Gott.

DSA-Ticker: Viele Spieler von Geweihten bemängelten die relative Machtlosigkeit ihrer Helden. Wird es hier jetzt Änderungen geben, die die Geweihten etwas aufwerten?
Jörg Raddatz: Eindeutig. Diese "Schwäche" etwa gegenüber Zauberern wollten wir mit KKO angehen und beseitigen. So stellen wir einige "kosmische Wahrheiten" zum Thema Seelenheil etc. deutlich dar, um noch einmal hervorzuheben, daß das göttliche Wirken eben keine "Glaubenssache" ist, sondern beweisbares Faktum. Die gesellschaftliche Bedeutung der Geweihten sollte dadurch besser darzustellen sein.

Kirchen, Kulte, Ordenskrieger

DSA-Ticker: Werden die kleinen (mittleren) Wunder demnächst strikter regeltechnisch gehandhabt, oder haben die Spieler zusammen mit dem Spielleiter mehr Freiraum?
Jörg Raddatz: Es wird neben (oder auch zwischen) den weiterhin bestehenden Stoßgebeten und den Großen Wundern, die immer noch das direkte Eingreifen des Gottes darstellen, eine breite Klasse von Wundertaten geben, die mittels Karmaenergie und tradituioneller Ritualgebete bewirkt werden. Diese Liturgien dienen speziellen Zwecken und aber bestimmte Auswirkungen; es ist keine klerikale Freizauberei. Jedoch sind sind sie immer "offener" dargestellt als etwa Zaubersprüche, und erfordern (wie eigentlich alles im Geweihtenleben) die Zusammenarbeit von Meister und Spieler. Ein Geweihter kann einfach nicht gegen den Meister gespielt werden, da er nun einmal der Beauftragte einer der mächtigsten Meisterfiguren überhaupt ist.

DSA-Ticker: Ist es vielleicht so in Zukunft für Geweihte möglich, leichter die besonderen göttlichen Talismane zur Hilfe zu rufen?
Jörg Raddatz: Ja und nein. Allgemein gibt es mehr göttliche Talismane: Wir haben gerade die mächtigeren Liturgien an bestimmte Artefakte und Reliquien gebunden, die durch das Ritualgebet herbeigerufen werden, um in der Hand der Geweihten ihre wundersame Wirkung zu entfalten. Aber es bleibt dabei, daß nur die erfahreneren Geweihten erfahren, wie man diese Reliquien ruft und nutzt.

DSA-Ticker: Wenn man sich manche Fragen aus dem Compendium Salamandris anschaut scheinen viele Dinge der Spielerschaft nicht genau geregelt zu sein, und das gilt dann sicherlich auch für die Geweihten. Kann man pauschal sagen ab wann man ein erfahrener Geweihte ist? Es ist klar, daß ein einfacher Praios-Novize wohl kaum einen Bannstrahl von Alveran herabfahren lassen kann, aber daß dürfte sicherlich nicht nur in der Hand von Hilberian liegen, oder?
Jörg Raddatz: Wir greifen da als grobe Richtlinie auf die relative Bekanntheit des Helden zurück, die ja wiederum oft anhand der Stufe erkannt werden kann, doch das sind bewußt eher Hinweise als feste Regel; und wie bedeutend der Geweihte ist, weiß der Spielleiter am besten. Im konkreten Beispiel gehört zum Bannstrahl eine Liturgie der Klasse V (von sechs) - da sollte man schon berühmt sein, und das ist man (wenn nicht der gesunde Menschenverstand etwas anderes sagt) etwa ab der 12 Stufe. Allgemein gilt aber "im Umgang mit Göttern", daß nicht so viel festgelegt werden kann.

DSA-Ticker: Wird in KKO erklärt, was der grundlegende Unterschied zwischen AE und KE ist, schließlich wird ja teilweise argumentiert - vor allem mit der Magierphilosophie - daß AE und KE eigentlich gar nicht so unterschiedlich sind?
Jörg Raddatz: Tja, das hätten die Magierphilosophen gerne ;-). Aber Kamillentee und Tharf haben ja auch einige Gemeinsamkeiten ...
Ja, es wird erklärt, und nein, es gibt gewaltige Unterschiede. Karmaenergie ist einfach viel feinstofflicher und durch Astralenergie weder zu beinflussen noch irgendwie wahrzunehmen. Es ist die Kraft Alverans, die der Gott mit seinen auserwählten Agenten in der Dritten Sphäre teilt, damit sie ihm dienen. Das alte Konzept einer Frömmigkeit haben wir ganz aufgegeben - KE ist göttliche Kraft, mit der der Geweihte seine Aufgaben erfüllt. Daher hat auch nicht der "frömmste" Geweihte (also der, der am meisten meditiert und philosophiert) die meiste KE, sondern der beste Verfechter der göttlichen Interessen.

DSA-Ticker: KE kann man nicht mit Astralenergie wahrnehmen? Das ist dann aber doch ein Widerspruch zum "Codex Cantiones" aus GMG, wonach der Analüs Arcanstruktur gemäß den Hinweisen zum Odem Arcanum Senserei göttliches Wirken erkennbar macht.
Jörg Raddatz: Nein, das ist falsch gelesen. Das "Für diese Zwecke" bezieht sich nur auf die Identifizierung, welcher Magietradition ein Zauberer angehört. Beim Analüs ist ja auch in keine Weise von göttlichem Wirken die Rede. Man kann allenfalls im Umkehrschluß ermitteln, daß etwas göttlich gewesen sein könnte, weil es keine arkanen Spuren hinterlassen hat.

DSA-Ticker: Zur Aufgabe des Prinzipes der Frömmigkeit: Man kann das also - überspitzt formuliert - vielleicht mit dem Sprichwort "Der Zweck heiligt die Mittel" beschreiben. Wenn es jetzt darum geht irgendwelche rondraheiligen Reliquien z.B. aus den Schwarzen Landen zu bergen, dann darf ein Rondra-Geweihter auch mal ein wenig seine Gebote "beugen"?
Jörg Raddatz: Es kommt ganz darauf an, wie man "Frömmigkeit" versteht - ich meinte das ja bewußt als Formel für Andächtigkeit, Besinnlichkeit, Kontemplation, so, wie es irdisch oft begriffen wird.
Aber der Gott hat natürlich ebenso als Ziel, daß seine Lehren und Glaubenssätze vertreten werden. Ein Geweihter, der zur Bergung der "Heiligen Lanze von Eslamsbrück" hingeht und dem Hinterhalt angreift, mit der Armbrust schießt etc. würde ja deutlich signalisieren, daß Rondras Lehren im Ernstfall nichts taugen; und damit seiner Gottheit einen schlechten Dienst erweisen. Es kommt also zwar darauf an, daß der Geeweihte zupackzt, statt nur um Erleuchtung zu beten, aber er muß es mit Stil tun und demonstrieren, daß er gerade durch die Gesetze seiner Gottheit erfolgreich und mächtig ist.

DSA-Ticker: Gibt es Änderungen im Bereich der Karma-Punkte, besonders im Bereich der Regeneration, die ja bis jetzt relativ aufwendig war, und für Spielerhelden eher unmöglich zu erfüllen, außer zwischen Abenteuern?

Jörg Raddatz: Ja. Da es jetzt mehr Möglichkeiten gibt, seine KP auf göttergefällige Weise "auszugeben", gibt es auch eine höhere Rate, neue zu erhalten. Von Regeneration sollte man da nicht sprechen, da es letztlich immer noch die Entscheidung des Gottes ist, ob er neue KP zur Verfügung stellt, um die frühere zu ersetzen. Wer seine Liturgien für Unsinn nutzt, mag durchaus von seinem Gott "auf Diät gesetzt" werden.

DSA-Ticker: Wenn die einzelnen Kirchen in KKO beschrieben werden, heißt das dann, daß z.B. alle Praios-Tempel von A wie Al'Anfa über V wie Veliris bis Z wie Zwerch aufgelistet und beschrieben werden?
Jörg Raddatz: Fürwahr nicht - eine Liste aller Phextempel gibt es ebensowenig wie alle 99 Gebote. Die genauere Beschreibung der Kirchen bedeutet, daß die Hierarchien und Weihegrade der Kirchen genauer vorgestellt werden, daß es Darstellungen unterschiedlicher Lehrmeinungen und Philosophien in der jeweiligen Kirche gibt (so wie z.B. verschiedene Fraktionen der Praioskirche unterschiedlich zu Frage des Magiegebrauches stehen), daß auf die Einstellung der Kirche zur weltlichen Obrigkeit und zu ihren Laienmitgliedern eingegangen wird, ob es Akoluthen, also "Halbgeweihte" ohne KE gibt usw. Außerdem werden die wichtigsten Orden der Kirche beschrieben, und zwar zum Teil als Hintergrund für neue Heldentypen: So werden etwa die Säbeltänzerinnen Rahjas vorgestellt, ein Orden von sehr ekstatischen Kämpferinnen.

DSA-Ticker: Sind diese Akoluthen auch Spielercharaktere und falls ja, warum sollte man dann nicht gleich den "richtigen" Geweihten spielen?
Jörg Raddatz: Sie sind erst einmal eine Gruppe innerhalb der Kirche, die schon immer wieder einmal erwähnt wurde: Laien, die sich der Kirche zugewandt und die passenden Gelübde abgelegt haben; also z.B. Mönche und Nonnen, Laienprediger, aber eben auch ungeweihte Fanatiker wie die Bannstrahler. Ordensmitglieder sind automatisch Akoluthen.
Sie haben keine Karmaenergie und sind eben keine klassischen Geweihten, auch wenn sie gesellschaftlich durchaus deren Ansehen genießen: Der normale Bauer und Bürger hat eben keine Regelwerke zur Hand und wird jedem Talarträger respektvoll begegnen.
Man kann seinen Helden durchaus zum Akoluthen in der bevorzugten Kirche machen, und es erfordert weniger Hingabe, als die "richtige" Priesterweihe - aber direkt gesagt, wir haben sie nicht als Konkurrenz zu den Geweihten entworfen, sondern als Ergänzung, die schon von der Hintergrundlogik her nahelag.

DSA-Ticker: Das heißt ein besonders hesindegefälliger Magier könnte im Immerwährenden Hort des Wissens auch einen Rang haben ohne wirklich ein Geweihter zu sein? Wobei dies ja, siehe z.B. Haldana von Ilmenstein, anscheinend auch so möglich ist - der Traum aller Powergamer: Magier und gleichzeitig Geweihter. grinsender Smiley
Jörg Raddatz:: Ja, die Hesindekirche nimmt fromme Magier als Akoluthen an (etwa bei den Draconitern) und verlangt, anders als andere Kirchen, auch nicht die vorhergegangene (einvernehmliche) Expurgico des Magiers, wenn er sich weihen lassen will. So viel PG-Potenzial hat das aber doch nicht, denn bei der Weihe, dieser mystischen Verwandlung, die ihn mit Karmaenergie erfüllt, wird die Möglichkeit, die grobere Astralenergie zu regenerieren, unwiderbringlich zerstört. Man seine AP nur noch "abzaubern". (Oder nicht, wie im Falle der Magisterin der Magister)

DSA-Ticker: Was macht Deiner Meinung nach den Unterschied z.B. zwischen einem Rondra-Geweihten und einem rondragefälligen Krieger aus? Beziehungsweise, warum sollte man einen Geweihten anstelle eines göttergefälligen nicht-geweihten Heldentypen spielen?
Jörg Raddatz: Das sind schon eindeutig unterschiedliche Rollen: Die Kriegerin strebt danach, der Göttin wohlgefällig zu sein, aber sie ist zuerst einmal eine Privatperson mit eigenen, persönlichen Interessen und Zielen, die einfach nichts, weder im guten noch im schlechten, mit der Kirche zu tun haben. Die Geweihte ist die erwählte Beauftragte der Göttin, und ihr höchstes Ziel ist es, nicht nur ein göttingefälliges Leben zu führen, sondern wirklich der Leuin zu dienen, ihr Wort zu verbreiten und allgemein deren Interessen zu wahren. Das heißt zwar, daß sie nun von der Göttin Karmaenergie verliehen bekommen hat und auch die richtigen Liturgien kennt, um die Kraft zu übernatürlichen Mirakeln zu nutzen, doch andererseits ist sie (und jede Geweihte) einfach deutlich abhängiger von der Gottheit, der zu dienen sie sich ja entschieden hat. Ein Geweihter kann nicht sagen: "Sollte ich wohl tun, aber ich traue mich nicht/möchte jetzt lieber nicht.", was einem Laien immer noch offensteht.

DSA-Ticker: Kannst Du kurz, in jeweils einem Satz, erklären, welche Motivation jeweils die einzelnen Geweihten der Zwölfe haben ein Leben abseits des Tempels als Abenteurer, die durch die Lande ziehen, zu führen?
Jörg Raddatz: Ich kann es auch gut zusammenfassen: Die "neuen" Geweihten sollten als Agenten ihrer Gottheit gespielt werden - und für die Augen, Ohren und Arme der Kirche und der Gottheit gibt es immer etwas "draußen" zu tun.

DSA-Ticker: Ändert sich in der "derischen Kosmologie" durch KKO etwas? Ich denke da besonders an Myranor, denn hier gibt es ja für die Götterwelt sicherlich noch ein paar Änderungen. Denn das Silem-Horas-Edikt wird ja wohl nicht in Myranor auch gültig sein?
Jörg Raddatz: Nein, wie könnte es auch. Es ist ein Kaiserlicher Erlaß aus einer Zeit, als der Kontakt nach Myranor längst abgerissen war. Dort dürfte man nicht einmal Silem-Horas kennen. Aber das wiederum sagt nichts darüber aus, ob es nicht doch dank göttlicher Gnade und Inspiration eine Wahrheit über kosmische Gegebenheiten feststellt.

DSA-Ticker: Inwiefern ist das oben genannte Edikt eigentlich als wahr anzusehen, bzw. was genau wurde da geregelt und warum findet sich bisher in den aventurischen Quellen keine "Abschrift" davon?
Jörg Raddatz: Das Silem-Horas-Edikt stellt fest, welche zwölf der unzähligen in den Dunklen Zeiten entstanden Kirchen als rechtmäßig und von Alvaran inspiriert gelten sollen. Anscheinend hat der gute Silem-Horas damit die Wahrheit getroffen. Den exakten Wortlaut werden wir in der für 2011 geplanten Box "Erlasse, Gebote, Gesetzestexte" zusammen mit der Lex Imperia, dem Garether Pamphlet und anderen Meilensteinen aventurischer Verfassungsgeschichte veröffentlichen.

DSA-Ticker: Es gibt einige Götter die ihren Ursprung in Aventurien haben (z.B. Phex und Rondra als tulamidische Gottheiten), aber die anscheinend auch in Myranor verehrt werden. Wie kann man sich das denn erklären, schließlich gibt es ja keinerlei Informationen darüber, daß von Aventurien aus Phex- oder Rondrageweihte zur Missionierung gen Myranor gezogen sind.
Jörg Raddatz: Ich will hier nicht zuviel verraten, doch selbstverständlich hat KEIN Gott seinen Ursprung in Aventurien, Myranor, Uthuria oder sonstwo. Kirchen haben ihren Ursprung auf einem Kontinent, und während die Perainekirche myranische Wurzeln hat, geht die in Aventurien bekannte Kirche der Rondra auf tulamidische Ursprünge zurück. Das sagt nichts darüber aus, ob die alveranische Rondra sich vielleicht auch einem küstenfernen Volk in Myranor offenbart hat - nur, daß eben dessen Kultus keinen oder sehr wenig Einfluß auf den heutige Bund des Schwertes hatte.

DSA-Ticker: Die Spielhilfe heißt ja "Kirche, Kulte, Ordenskrieger", das erste K ist auf ja durch die Beschreibung der zwölfgöttlichen Kirchen gegeben, das O bezeichnet ja die Laienorden wie z.B. die Badilakaner - inwiefern werden denn dann Kulte (vor allem was für welche?) in dieser Spielhilfe beschrieben?
Jörg Raddatz: Neben den Kirchen der Zwölfe und ihrer Kinder werden auch zahlreiche Religionen anderer Völker beschrieben - der Glauben der Maraskaner und der Novadis ebenso wie die Weltsicht der Elfen, Orks, Goblins und Echsen, aber auch die Magierphilosophie, kurzum, allerlei Philosophien, die eben nicht die Vorherrschaft der Zwölfe anerkennen. Die wird ein "rechtgläubiger" Aventurier durchaus als "Kulte" betrachten.

DSA-Ticker: Neben den Zwölfen werden ja auch die Halbgötter endlich deutlicher beschrieben, bis jetzt waren das ja teilweise nur ein paar kurze Sätze, die nicht wirklich viel Informationen brachten. Sind diese Beschreibungen ähnlich wie die der Zwölfe im Götterheft?
Jörg Raddatz: Abhängig von der Bedeutung - Manche Halbgötter wie Simia, Marbo und Levthan haben einfach keine richtige Kirche, die sich beschrieben ließe.

DSA-Ticker: Wobei ja die Hexen, die ja auch als Anhänger Levthans gelten, sowieso schon genauer beschrieben sind, so daß dies wohl auch der Grund dafür ist, daß Levthan und seine Anhängerschaft nicht ausführlich beschrieben wird?
Jörg Raddatz: Oh, die Anhänger der Sumu und der Satuaria (Druiden und Hexen) werden durchaus kurz beschrieben. Aber Levthan hat nun einmal keine faßbare Kirche, und wer etwas mehr über seine Verehrung in der Wildnis erfahren will, den möchte ich auf das Abenteuer "Rahjas Herde" verweisen, daß sich gerade in Arbeit befindet.

DSA-Ticker: Werden auch Geweihte der Halbgötter näher beleuchtet (bzw. als SCs verfügbar gemacht)?
Jörg Raddatz: Durchaus - wobei sich der Platz natürlich vor allem danach richtet, wie verbreitet die Kirchen sind. Aves, Kor und Nandus liegen da eindeutig an der Spitze. Halbgötter ohne eigene Kirchen werden naturgemäß kürzer beschrieben.

DSA-Ticker: Handelt es sich dabei nur um die "prominenteren" Halbgötter wie Aves, Nandus (die ja auch schon in FHI erwähnt worden sind), Kor (siehe WunderWelten), Ifirn, Swafnir usw. oder kommen auch "Exoten" wie Mokoscha, Ucuri, Simia, Liaeilla, Levthan usw. drin vor?
Jörg Raddatz: Wie gesagt: Die genannten Exoten haben keine organisierten Kirchen, also werden sie kürzer (aber immer noch deutlich länger als zuvor) beschrieben.

Brogars Blut

DSA-Ticker: Orientieren sich der Aves- und der Nandusgeweihte an der bisher existierenden Beschreibung aus der Horasbox und der Kor-Geweihte an der Beschreibung aus der WunderWelten?
Jörg Raddatz: Weitgehend, auch wenn wir natürlich gerade im Bereich der Liturgien und Ritualgebete einiges neue geschaffen haben.

DSA-Ticker: Also scheint es keinen Horas-Geweihten zu geben?
Jörg Raddatz: Richtig. Es konnte bislang noch kein Horas gefunden werden, der Karmaenergie an Sterbliche verleiht.

DSA-Ticker: Ich hoffe doch ganz fest, daß Ihr noch weiter sucht... Dere ist schließlich groß genug um einen solchen irgendwo zu finden. grinsender Smiley
Jörg Raddatz: Tja, wer weiß. Aber ein auf Dere statt in Alveran gefundener Horas hilft seinen Gläubigen ja doch nicht wirklich weiter...

DSA-Ticker: Wird jetzt in KKO auch der Namenlose behandelt? Gerade letzterer wurde ja in der ersten Götter-Spielhilfe recht ausführlich behandelt und dann in GMG eher ignoriert.
Jörg Raddatz: Ziemlich ausfühllich sogar, auch wenn natürlich viel von seinem Mysterien bestehen bleiben soll und muß. Aber der Meister bekommt zahlreiche Anhaltspunkte, um die Kirche des Urbösewichts auftauchen zu lassen.

DSA-Ticker: Der Kult des Namenlosen scheint ja - wie viele andere aventurische Religionen - aus dem Güldenland zu stammen. Hat der Namenlose in Myranor die selbe Rolle wie in Aventurien, oder unterscheidet sich diese von dem den DSA-Spielern altbekannten Bild?
Jörg Raddatz: Der (oder das) Namenlose ist eine Meister der Lüge und Täuschung - und während er doch immer der Feind der göttlichen Ordnung ist und bleibt, mag er in Myranor mit überzeugenden Lügen durchaus ganze Städte und Provinzen für sich gewonnen haben, wer weiß?

DSA-Ticker: Werden in KKO eigentlich Schamanen (z.B. Moha-Schamanen) erwähnt, denn eigentlich werden sie zwar DSA-technisch als arkan-begabte Personen behandelt, aber ihre Kraft beziehen sie ja an sich von ihren Göttern oder Götzen?
Jörg Raddatz: Ja, die Schamanen der Nivesen und der Mohas werden erwähnt - doch da sie nun einmal keine Kirchen bilden und definitiv keine Karmaenergie in sich tragen, bleibt es bei einer allgemeinen Schilderung.

DSA-Ticker: Ein paar mal haben wir uns schon mit Myranor beschäftigt, und zur Spiel 2000 in Essen wird ja diese Box nun wirklich erscheinen. Was denkst Du wird Myranor dem DSA-Spieler bringen?
Jörg Raddatz: Eindeutig Abwechslung und einen ganz anderen Spielstil. Aventurien ist eher mittelalterlich bis frühneuzeitlich ausgelegt, und weist trotz seines Detailreichtums und der vielen Graustufen doch eine deutliche Trennung zwischen den Guten und den Bösen auf; das wird ja von KKO gerade unterstützt.
Myranor ist demgegenüber eher archaisch bis klassisch antik. Nicht in der Technologie, aber in der Mentalität: Im dekadenten Imperium von Cantera und bei den barbarischen Randkulturen geht es rauher zu, und statt eines anerkannten Pantheons guter Götter sind unzählige Götzen und fragwürdige Kulte aktiv. Von der Stimmung erinnert alles mehr an Conan und ähnliche Sword&Sorcery-Helden als an Richard Löwenherz. Es wird sehr viel Wildnis und ungezählte Fremdkulturen und Mysterien geben. Die Spielervölker wie Katzenmenschen, Löwenmenschen, Vierarmige sind nur die Spitze des Eisberges.

DSA-Ticker: Wenn dann Aventurien und Myranor so unterschiedlich sind, wie soll es dann mit den Einflüssen aufeinander aussehen? Ich meine, eine Löwenfrau im Theater zu Arivor dürfte die Ardariten ziemlich irritieren. grinsender Smiley
Jörg Raddatz: Deshalb sei auch noch einmal gesagt, daß keine regelmäßige Kontakte und keine wechselseitige Beeinflussung geplant oder auch nur erwünscht sind. Myranor stellt keine Erweiterung Aventuriens dar, sondern eine eigene Reihe, die sich an ganz andere Spielinteressen und andere Helden (wenn auch keineswegs an andere Spieler) wendet.
Wir wollen beide Stile separat entwickeln, nicht Aventurien mit myranischen Dingen überfluten (auch wenn wir individuelle Spielleiter natürlich nicht daran hindern können). Aber das muß dann die Spielrunde entscheiden, ob sie das will.

DSA-Ticker: Bisher ist nur bekannt, daß jetzt die eigentliche Myranor-Box erscheint, ansonsten ist in Sachen offizielles Material seitens FanPro bisher nichts bekannt. Hat man denn keine Angst, daß Myranor dadurch das gleiche Schicksal wie Tharun droht?
Jörg Raddatz: Meines Wissens sind die nächsten Erweiterungen für den Frühling 2001 geplant, aber da kann ich nicht viel zu sagen.

DSA-Ticker: Du bist bisher vor allem für Deine Regionalbeschreibungen bekannt, aber in letzterer Zeit auch durch "nicht-Regionen beschreibende Spielhilfen" wie Kaiser Retos Waffenkammer, Armorium Ardariticum, Tempel, Türme und Tavernen und nun auch KKO. Wirst Du für diese "Reihe" auch in Zukunft weiter schreiben - neben dem schon von Dir angekündigten "Erlasse, Gebote, Gesetzestexte"? grinsender Smiley
Jörg Raddatz: Derzeit sind keine weiteren Spielhilfen dieser Art gedacht - mit Waffen, Burgen und Häusern sind ja auch einige zentrale Themen abgehandelt. Aber wenn sich noch ein vernünftiges und auch nützliches Thema herausschält...
(Auch wenn man realistischer Weise vermuten kann, daß erst einmal vergleichbare, aber deutlich phantastischere Spielhilfen zu Myranor erscheinen.)

DSA-Ticker: Du hast zwar schon einige Abenteuer geschrieben, wenn ich nicht falsch liege waren es bisher acht, aber seit Brogars Blut sind keine mehr erschienen (außer zahlreichen Abenteuervorschlägen und Szenarien im Aventurischen Boten). Was ist denn von Dir in nächster Zeit geplant? Es kursiert da neben dem Titel "Rahjas Herde" auch noch "Goldener Adler, Weißer Bär" und "Berge aus Gold". Kannst Du hierzu den Lesern des DSA-Tickers schon mehr verraten?
Jörg Raddatz: Die drei Abenteuer werden sehr unterschiedlich im Stil und Schauplatz sein: "Rahjas Herde" führt die Helden als Begleiter der Geliebten der Göttin durch ganz Aventurien und in sehr mystische Gefilde. "Goldener Adler..." spielt im rauhen und feindseligen Hohen Norden (auf den sturmgepeitschen Olport-Steinen, um genau zu sein), während "Berge aus Gold" sich um die Suche der Brillantzwerge nach einer neuen Bergheimat dreht - und zwar haben sie sich die Goldfelsen ausgesucht, wie ja schon in "Welt des Schwarzen Auges" angedeutet.

DSA-Ticker:Ich danke Dir recht herzlich für dieses Interview... und mögen die Zwölfe immer mit Dir sein, egal ob in Aventurien oder Myranor!



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