Sikramer Schildwacht
Journal der Arivorer Erzherrschaft und des Methumischen Herzogtumes
Gloria in excelsis Leo!
Der Triumphzug des Bethanischen Korps

Arivor. Die Erste Dämonenschlacht ging für Bosparan aus, die Zweite Dämonenschlacht für Gareth, in der Dritten Dämonenschlacht aber schlugen Gareth und das Neue Bosparan gemeinsam den Bethanier. Kein halbes Jahr nach dem Marsch auf Gareth (BB 16) kehrt das Bethanische Korps der Horaslegion siegreich heim.

Nicht zufällig befahl die Heilige Weisheit der Kaiserin den 8. Rondra als Tag des Triumphes. Aus der Asche von Bosparans Fall steigt das Wiedergeborene Reich wie der Lichtvogel zu neuer Herrlichkeit. Der Legionsadler schwingt sich weit über die im Staub zerschmetterte Dämonenkrone. In der vormals finstersten Stunde Bosparans leuchtet der Glanz der Goldenen Sonne im blauen Himmel1 am Morgen des Zwölften Zeitalters.
Auf dem Schwerterfeld von Arivor, wo sie ausgezogen waren, traten die Truppen vor das Volk des Horas. Von fünfhundert Legionären hatten gut zweihundert überlebt. Höher noch fiel der Blutzoll des Zuges der Edlen aus: Von der Jugend des Lieblichen Feldes waren vielleicht vierzig Seelen versammelt, allerdings auch ein Gutteil noch in Gareth zurückgeblieben. Die Lebenden werden Leid und Last in Leib und Geist bewahren.
Adel und Volk des Lieblichen Feldes feierten wie ein Leib, ein Geist. In den ekstatischen Jubel mischten sich Tränen der Andacht und Gebete der Dankbarkeit. Die Götter haben der Menschheit den Sieg verliehen. Beide Kaiserreiche, das ältere und jüngere, sind nun wie Geschwister, ja Zwillinge. Friede auf Deren den Menschen. Mütter und Väter der Gefallenen legten Festgewänder an: "Sie starben, damit Aventurien lebe!"
Im Tempel der Rondra brachte das siegreiche Heer Dankesopfer dar. Die Große Ruhmeshalle vermochte die Überlebenden gerade zu fassen. Die Heiligen Geron, Ardare, Thalionmel und Raidri sahen auf ihre Enkel herab. Und bei den Göttern: Unsere Generation hat sich in dieser Stunde der Ahnen würdig erwiesen! Die Gefallenen der Trollpforte sind Märtyrer der Menschheit geworden. Während sie in Alveran auferstehen, bauen wir hienieden nach dem finstren Mittelalter die neue Zeit der Renascentia.
Der siegreiche Feldherr selbst hatte sein Blut gegeben: Herzog Cusimo Garlischgrötz kehrte schwer verletzt mit seinen Soldaten zurück. Nun legte er in die Hand der Kaiserlichen Kronprinzessin, die an ihrer Mutter Statt amtierte, den Marschallsstab zurück. Die Thronfolgerin nahm auch eine Dankadresse aus Gareth entgegen, wo die Offiziere des Bethanischen Korps bereits die Silbernen Schwerter, der Herzog aber den Reichsorden am Purpurnen Band zweiter Klasse erhalten hatte.
Vor den Toren des Tempels ergingen die Ehrungen. An den Legionsadler wurde die Tafel "Ogermauer" geheftet, dem Herzog wurde die König-Khadan-Schärpe umgehängt, etliche Offiziere wurden zu Rittern der Ehrenlegion ernannt. Invaliden und Hinterbliebene erhalten lebenslange Pensionen. Und dann endlich, nach all dem heiligen und feierlichen Zeremoniell, kam die Stunde des Triumphzuges!
An der Spitze schwebte der funkelnde Adler, mythisch, entrückt, und die Massen hielten den Atem an. Ehrfürchtig senkten sich die Feldzeichen der beiderseits angetretenen Kronlegion, als er vorbeizog, vom silbern maskierten Aquilifer einem Alveraniar gleich hochgehalten. Dann kam eine Kavalkade reitender Bläser, die aus blitzenden Fanfaren, woran die goldblauen Farben wehten, den Triumph des Wiedergeborenen Reiches in die Welt hinaus schmetterten. Dann ein Musikbanner mit Trommlen und Trompeten, Pauken und Hörnern. Dann die erbeuteten Dämonenkronen und schwarzroten Wimpel, die zum Zeichen der Schande mit den Spitzen nach unten wiesen. Dann der Triumphator auf dem goldenen Streitwagen. Neben dem Herzog stand die Kaiserliche Kronprinzessin. Dann die Soldaten, darunter einige Versehrte in offenen Sänften getragen. Laut donnerte ihr Ruf: "Ave Amene! Viventes Te Salutant!"
So marschierten die ruhmbedeckten Veteranen durch das festliche Spalier. Die Rüstungen zerhauen, doch auf Hochglanz poliert, die Standarten zerfetzt, doch aufrecht wehend. Die Augen der Überlebenden leuchteten vor Stolz und Freude. Erst waren sie weihevoll in die Ferne gerichtet, militärisch ernst die narbenzerfurchten Gesichter, dann zerschmolz dieser tobrische Schnee in den glühenden Begeisterungsstürmen der jubelnden Menge, glückliche Gefühle brachen sich Bahn, die Heimkehrer lächelten, strahlten, blickten in die Gesichter des Spaliers der Tausende.
Der Triumphzug marschierte die vielen Kehren der Prozessionsstraße den Goldenhelm hinauf. Auf dem Theaterplatz war für die Veteranen zum Festschmaus gerüstet. Der Herzog aber schritt, geleitet durch die Thronfolgerin, hinauf zur Alten Burg, um vor dem Angesicht der Allerhöchsten selbst Bericht zu erstatten. Die Krankheit der Kaiserin, raunte es selbst im Jubel und Trubel dieses Tages, hatte sich in den Monden der höchsten Sorge um Aventurien so verschlimmert, daß Ihre Heilige Weisheit davon abgesehen hatte, wie dem Auszug so auch dem Einzug des Korps in eigenster Person beizuwohnen.
Trotzdem stahl sich, so heißt es, in das von der Last des Kaiserkranzes verzehrte Antlitz ein Lächeln: als jemand an den altbosparanischen Titel Vertrollerin der Trolle erinnerte. Immerhin, das letzte Mal war die Horaslegion in den Trollkriegen unter Belen-Horas so weit im Nordosten gestanden, an der Trollpforte...
Das Bethanische Korps löst sich wieder auf. Es hat seine Mission im ersten und einzigen Feldzug erfüllt. Die Veteranen der Dritten Dämonenschlacht verteilen sich auf die Regimenter der Horaslegion, aus denen sie zusammengezogen worden waren. Den Legionsadler aber hütet die Horasgarde, deren Schutz schon der Leib der Heiligen Weisheit anvertraut ist.

1) das alte Wappen der Horaskaiser

Michael Hasenöhrl