Neue Kund und Nachricht vom Immerwährenden Hort der Hesindianischen Gaben
Nr. IX
Hesinde-Spiegel
30. PHE 1022 BF
Versenkungsfest

Magazin der Gelehrten und Weisen, Nachrichtenblatt der Akademien und Schulen, Blatt der Weisheiten, Medium der Hohen Herrin Hesinde und Organ der Magisterin der Magister aus den Heiligen Hallen zu Kuslik
Preis der Weisheit: 5 Golddukaten

Irdische Anleihen Ein Blick auf die Landkarte

Aventurien ist ein Kontinent auf Dere, das selbst ein Anagramm
der guten alten Erde ist. Fern im Westen liegt das Güldenland, das goldene Land, das die irdischen Entdecker als El’Dorado in Südamerika suchten. Nicht direkt auf Dere liegen die Inseln im Nebel, deren Zentrum Tir Nan Og heißt und von Bernhard Hennen, dem Autor des Abenteuers Insel im Nebel, direkt aus der keltischen Mythologie geklaut worden ist. Zze Tha, das ehemalige Reich der Echsen, ist ebenfalls nicht mehr auf Dere und hat seinen Namen vom griechischen Buchstaben z (zeta).

Den hohen Norden, wo uns eh nur der blizzard um die Ohren pfeift, lassen wir lieber außer acht.

Im Nordwesten Aventuriens liegt Thorwal, ein Land, dessen Namen aus dem des nordischen Gottes Thor und einem angehängten Wal besteht. Vielleicht ist es aber auch vom isländischen Namen Thorwald abgeleitet. Im Binnenland dahinter, dem Orkland, leben die Orks, die inzwischen Schwarzpelze heißen sollen, und die Tiefenzwerge, die Kanalzwerge aus der AD&D-Kampagne Dragonlance. Wenn man an der Küste südwärts segelt, stößt man alsbald auf die Stadt Salza mit ihrem Hafen Salzerhaven, deren Vorbild Bremen und Bremerhaven waren. Als nächstes führt unser Streifzug zum größten Staat des Kontinents, dem Mittelreich, dessen geographische Form, um 90 Grad gedreht, an die der Bundesrepublik bis 1990 erinnert – zum Glück nur eine hanebüchene Zufälligkeit. An der Westküste liegt die Stadt Havena, die von vielen ‘Havenna’ ausgesprochen wird, was auf Havanna hinweist. Für’s erste wollen wir das Mittelreich verlassen und weiter der Küste folgen.

Das Lieblichen Feld, am Yaquir gelegen, so wie in Mexiko der Yaqui fließt, sieht sich selbst als Nachfolger des Bosparanischen Reiches, das als Bosporanisches Reich dereinst am nördlichen Schwarzen Meer bestand.

Unter den zahlreichen Städten finden sich Bethana, das sich verdächtig nach Bethanien anhört, einem Dorf bei Jerusalem, dessen Name übersetzt ‘Haus des Elends’ bedeutet, sowie Neetha und Thegûn, die sich – rückwärts gelesen – aus Athen und Nugget ergeben. Keine Stadt, aber ein den Zwölfen gewidmetes Denkmal, ist Mantrash’ Mor, vergleichbar dem amerikanischen Mount Rushmore mit den in den Fels gemeißelten Köpfen vierer Präsidenten. Die beiden Signorien Camparisodano und Wodkalemonis wurden inzwischen (zum Glück) umbenannt. Mit zum Horasreich gehört das Seekönigreich beider Hylailos, ein Ausdruck, der stark an das Königreich beider Sizilien erinnert, das in seiner Vergangenheit ebenfalls unter thorwalschen ... äh, wikingschen Einfluß geriet. Die von einem Vulkan verschüttete Ruinenstadt Palakar auf Pailos erinnert an Pompeji.

Weiter im Süden schließt der Dschungel an, der über das Regengebirge wuchert und nur in Küstennähe eine Besiedlung möglich macht. Bei Al’Anfa stehen die Dörfer Metan und Butan, Matdisk (soll wohl Mattscheibe heißen) und U’ban, eine verballhornte U-Bahn. Die Städte Sylla und Charypso stehen sich so gegenüber, wie der Strudel Scylla und das Monster Charybdis, zwischen denen schon Odysseus seinen Weg suchte. Noch weiter im Osten finden sich die Waldinseln, wie Benbukkula, die vor Schottlands Küste Benbecula heißt, und Iltoken, ein Anagramm von Tolkien. Die Nachbarinsel Token kommt aus dem Englischen und eine seiner Bedeutungen ist ‘Andenken’ – ein Andenken an Tolkien, den Autoren des Herrn der Ringe? Die Waldmenschen, bekannter als Mohas, erinnern vor allem im Zusammenhang mit dem Sprichwort "Der Moha hat seine Schuldigkeit getan, der Moha kann gehen." an den irdischen Mohr.

Wir wandern nach Norden und stoßen als nächstes auf Selem. Selem und Zhamorrah haben ein ähnliches Schicksal wie Sodom und Gomorrah hinter sich, wobei Selem ursprünglich vor allem an Salem angelehnt ist, daher erinnert die Stadt in ihrem Flair auch an den Lovecraft’schen Cthulhu-Mythos.. Ein Blick auf die Regionalkarte Echsensümpfe und Nördliches Regengebirge offenbart neben Lafmih (love me) ein paar weitere sonderbare Orte, die vorzugsweise rückwärts gelesen werden sollten, wie Port Corrad (Tarock), Echas (Sache), Chag (Gatsch), Azzin (Nizza) und Chi’Kro (orkisch), oder nur anders betont werden müssen, wie Ssd’I (SDI), Abszint und Halderot (Halt Rot).

Von Selem aus kommt man im Norden in die Wüste Khôm mit ihren wenigen Wasserstellen. Wenn Oasen Hayabeth (Heia-Bett) und Machsiz (Mach Sitz!) heißen, waren die Autoren (Jörg Raddatz und Hadmar Wieser) beim Namenerfinden wohl zu müde oder haben sich von Ina Kramer inspirieren lassen, die letzteres immer zu ihrem Hund sagte. Aber auch ein jüdisches Volkslied fand hier Verwendung: "Hava nagila, venis mecha. Hava nerannena, venis mecha. Uru achim belev ssameyach." findet sich in den Orten Hawwah am Szinto, Naggilah und Wen-es-Mocha in Mhanadistan, Uru’Achin bei Selem, Belew am Gadang und Sameach am Ongalo. Bei Achan handelt es sich um einen biblischen Dieb (Josua 7). Nordöstlich der Wüste fließt der Mhanadi, in Indien als Mahanadi bekannt. Die Kalifenstadt Mherwed erinnert an die arabische Stadt Merw, oder ganz unprosaisch an Mehrwert. Die Regionalkarten steuern mit Challef (Fellache) und Bagfua (Aufgabe) rückwärts zu lesende Orte bei. Des weiteren gibt es noch so originelle Namen wie Shebah (da miaut jede Katze) oder das Dorf Barqiba (Barkeeper).

Kopfschüttelnd wandern wir weiter nach Aranien. Im nördlichen Landesteil stoßen wir auf das Sultanat Palmyramis und den Ort Palmyrabad – beide erinnern an den Ort Palmyra im Vorderen Orient. Berühmter dürften jedoch die Stadt Baburin und die Baburinische Sprachverwirrung sein. Hier stand wohl Babylon und der Turmbau zu Babel Pate. Doch es gibt noch einen weiteren Taufzeugen für diese Rondra geweihten Stadt: Babur ist die persische Bezeichnung für den Löwen, das heilige Tier der Kriegsgöttin. Ursprünglich waren Punin und Baburin aber Titelhelden von Tolstoi und Dostojewski.

Bevor wir uns nun in die Schwarzen Lande wagen, noch ein Abstecher in das Mittelreich, das wir beim Streifzug entlang der Westküste links liegen ließen. In Almada liegt der Madasee, wo andere Autoren Hadmar Wiesers Geburtsort Mondsee in Österreich verewigt haben. Das ebenfalls almadanische Hérisson steht auch in Frankreich. Angbar erinnert verdächtig an das Hexenkönigreich Angmar aus Tolkiens ‘Herr der Ringe’. Und die Stadtansicht von Punin im Lexikon des Schwarzen Auges kann man auch in Venedig genießen – was auch für die Bilder Perricums im Aventurischen Boten 14 gilt. Perricum hat noch ein anderes Vorbild: sein Kriegshafen wurde aus Karthago geklaut. Und was für Baburin die Sprachverwirrung war, sind hier die Posaunen von Perricum – ein Blick in die Bibel führt zu Jericho.

Bei den Nordmarken ist allenfalls der Grenzfluß Nabla interessant – ein Operator aus der Mathematik.

Zur größten Stadt Aventuriens, der Hauptstadt Gareth läßt sich einiges finden. Der Name selbst gehört einem der Ritter von König Arthurs Tafelrunde und ist als Garath ein Stadtteil Düsseldorfs, wo ja viele DSA-Autoren beheimatet waren. Die Innenstadt erinnert leicht an Berlin: Tiergarten, Kurfürstendamm, Straße des 17. Juli, Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche.

Ganz in der Nähe liegt das Tal der Kaiser, eindeutig ein Ableger des ägyptischen Tals der Könige. Die im Mittelreich lebenden Hügelzwerge sind natürlich Tolkiens Hobbits, die so manchem Spieler fehlen.

Musterbeispiel einer nicht namentlichen, aber inhaltlichen Übertragung ist das Kloster Arras de Mott (Verrat auf Arras de Mott, Grenzenlose Macht), das ganz gewollt das Flair von Umberto Ecos Der Name der Rose in Aventurien erlebbar machen soll.

Schließlich gibt es noch in Weiden die Baronie Mauterndorf, die es als Burg und Marktgemeinde Mauterndorf auch in Österreich gibt. Die Gegend um Baliho ist der aventurische Wilde Westen, mit Kuhjungen und Rinderbaronen, während Baliho selbst ein Wortspiel zu "Tallyho!" ist, dem Kampfschrei von Robin Hood.

Ob das Vorbild der Brücke von Ebelried die Brücke von Arnheim ist? Wer weiß? Jedenfalls stehen uns nun doch noch die Dunklen Lande bevor. Transysilien erinnert stark an Transsilvanien. Auf der Regionalkarte Garetien, Darpatien & nördliches Aranien liegt Frankward Hagens Hof: wer denkt da nicht an Frank Jay Hagenhoff?

Zu den traurigeren Kapiteln gehören die verlorene Amazonenfestung Kurkum, von wo der echte Safran in alle Lande Aventuriens transportiert wurde, die ihrem Namen dem irdischen Gewürz Kurkuma verdankt. Das ebenfalls verlorene Schatodor, "Hauptstadt" des Bergkönigreiches Lorgolosch in den Beilunker Bergen, hat seinen Ursprung wohl im französischen Chateau d’Or (Schloß aus Gold).

Die verfluchte Insel Maraskan im Osten, von der man nicht weiß, ob die Echsen, die Dämonen, die Einheimischen oder der mörderische Dschungel die Herrschaft inne haben, erinnert in Name und Form an Madagaskar. Das Insanctum an der Ostküste, der Friedhof der Seeschlangen, ist an der Legende vom Friedhof der Elefanten angelehnt, die aber gleichfalls in Aventurien bekannt ist. Sinoda, die schöne Stadt am Südende der Insel, darf man wieder rückwärts lesen.

Weiter im Norden, im Bornland, finden wir das bornländische Dorf Blütenfeld (Das Bornland, S. 34), das seinen Namen von Blumenkamp hat, Ulli Kiesows Geburtsort, der auch in seinem Pseudonym Andreas Blumenkamp Verwendung fand. Bei Norburg handelt es sich um die alte Königsstadt von Arnor im ‘Herrn der Ringe’. Das naheliegende Ask bedeutet nichts anderes als Esche, vielleicht wurde der Ort um eine große Esche herum gebaut. Riva an der Nordküste erinnert von der Lage her an die alte Hansestadt, wurde aber auch schon von David Eddings in seiner Belgariad-Saga verwendet. Hat man beim Theaterorden, der das Bornland von den Rotpelzen befreite, vor noch nicht allzulanger Zeit gegrübelt, ob denn mehr Elemente des Templerordens oder des Deutschen Ordens eingeflossen sind, so kann man nach Erscheinen von Rauhes Land im Hohen Norden die Frage zugunsten ersterer Möglichkeit beantworten. Die Heimat der Nivesen läßt sich an Nives, lateinisch für ‘Schneeflocken/Schneegestöber’ erkennen.

Irgendwo soll dereinst A’Tall im Meer versunken sein, was unter dem Namen Atalente sehr deutlich an Atlantis erinnert. Der vor langer Zeit genauso abgesoffene Kontinent Lamahria ist ebenso sagenhaft wie das irdische Lemuria.

Nachdem wir uns nun die Füße wund gelaufen haben, danken wir den Göttern und lauschen, was ihre Geweihten uns zu berichten haben.