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Kirchen, Kulte, Ordenskrieger
Kirchen, Kulte, Ordenskrieger
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Art: Spielhilfe
Ausstattung: 128 s/w-Seiten, farbiges Softcover
Autor: Jörg Raddatz, Lena Falkenhagen, Britta Herz, Heike Kamaris, Stefan Küppers, Thomas Römer, Gun-Britt Tödter u.v.a.
Illustrationen: Caryad, Swen Papenbrock
Preis: 29,95 DM
Kontakt: Fantasy Productions GmbH
Ludenberger Str. 14
Postfach 1416
40674 Erkrath
WWW: http://www.fanpro.com/
eMail: arnfried@fanpro.com
Stimmung: voller Bewertungspunktvoller Bewertungspunktvoller Bewertungspunktleerer Bewertungspunktleerer Bewertungspunkt
Details: voller Bewertungspunktvoller Bewertungspunktvoller Bewertungspunktvoller Bewertungspunktleerer Bewertungspunkt
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Neues über die Götter und deren Geweihte...
Auch wenn eigentlich vom Namen die Box Götter, Magier und Geweihte sich vor allem mit göttlichen und religiösen Themen befassen sollte, ist dies ja nicht der Fall gewesen, denn die Magie dominiert diese Box ja deutlich. Nachdem es mit dem Compendium Salamandris schon eine Erweiterung zum arkanen Aspekt der Box existiert, war es nur eine Frage der Zeit bis zum deutlich spärlicher behandelten Bereich der Götter und Geweihte eine Ergänzung herauskommt - eben die Spielhilfe Kirchen, Kulte, Ordenskrieger.

Was bietet die Spielhilfe?
Auf den ersten 16 Seiten wird gibt es allgemeine Feststellungen über die Beziehung Kirchen und Gesellschaft und über die Geweihten und ihre Wunder.
Auf den folgenden 90 Seiten werden dann die zwölfgöttlichen Kirchen, sowie einige ihnen zugehörigen Orden und die Kulte um die Halbgötter näher beleuchtet. Die Beschreibungen sind alle nach folgendem Muster aufgebaut: Strukturen und Hierarchie, Ränge in der Kirche, Richtungen innerhalb der Kirche, Kirche und Obrigkeit, Kirche und Gläubige, Rituale und Liturgien und Orden.
Die letzten 15 Seiten teilen sich der Namenlose und Randkulte wie Rastullah und die Religionen der Ureinwohner Aventuriens.

Die Gestaltung der Spielhilfe
Im Gegensatz zur gleichzeitig erschienenden Myranor-Box orientiert sich das Layout am bekannten DSA-Standard und wirkt nicht wie eine eherne Bleiwüste wo man nicht weiß wo welcher Absatz wo anfängt und aufhört. Illustriert wurde das ganze Heft von Michaela "Caryad" Sommer, wobei erfreulicherweise fast alle Illustrationen erstmalig in dieser Spielhilfe veröffentlicht worden sind, und nur ganz wenige als "recyclet" zu gelten haben. Die Darstellungen der Götter (leider nur wenige nicht-Zwölfgötter) sind jedoch Geschmackssache, denn ob man sich Boron als Ville Valo von der Gruppe Him vorstellen möchte, bleibt jedem selbst überlassen - genau wie die Tatsache, daß Rondra eher wie eine Domina aus dem SM-Studio, der die Peitsche abhanden gekommen ist, ausschaut. Doch das ist sicherlich Geschmackssache, und vom rein gestalterischen Aspekt gibt es bei dieser Spielhilfe nicht viel zu kritisieren.

Inhaltliche Bewertung
Positiv fällt der gut strukturierte Aufbau der Spielhilfe auf. Man findet sofort das, was man sucht, ohne langes Blättern und das ist, wie man als leidgeprüfter Meister weiß, bei DSA keine Selbstverständlichkeit (selbst an einen Index hat man diesmal gedacht). Negativ fällt dafür auch gleich das schlechte Lektorat ins Auge: Tippfehler tauchen gehäuft auf, auch solche, die jede Rechtschreibprüfung findet. Es muß doch möglich sein, irgendwann einmal mit soviel Vorlauf zu arbeiten, daß die ewig gestreßten Lektoren das Lektorat nicht erst auf dem Weg in die Druckerei durchführen müssen.
Allgemein ist festzustellen, daß die Qualität der einzelnen Beschreibungen z.T. stark differiert. Erklärtes Ziel war es, auch die Anhänger der nicht so machtvollen Götter in die Lage zu versetzen 'für das Spiel' mehr herauszuholen. Dies ist leider nicht gelungen. Als ein Beispiel sei die Traviakirche genannt, die sich mit der kürzesten und am wenigsten ergiebigen Beschreibung begnügen muß. Verweise auf das Heft Land der stolzen Schlösser (aus der Box Stolze Schlösser, Dunkle Gassen)" auf die Verwicklungen der Kirche in die Politik, z.B. durch ihre Bindungen an die Familie Rabenmund finden sich nicht wieder.
Es ist wohl auch Geschmackssache, ob man es stimmungsvoll findet, daß der Rahjakirche ausgerechnet zwei Kriegerorden gewidmet sind.
Es würde hier zu weit führen auf jede einzelne Kirchenbeschreibung einzugehen und letztlich muß jeder für sich entscheiden, ob es den Phex-Orden der Nanduriaten in seinem eigenen Aventurien gibt; eine Organisation deren "erzählerische Funktion die eines Enthüllungsjournalisten und freischaffenden Spions" ist. Mir ist dies deutlich zu modern, nicht zuletzt weil diese "Nachrichtenagentur" über feste Niederlassungen in vielen großen Städten verfügt. Ganz davon ab, daß ich mich frage, ob in zentralistischen Monarchien und Adelsreichen tatsächlich "Spielraum" für "Enthüllungsjournalisten" ist.
Viel zu kurz sind die Beschreibungen des Namenlosen und der sonstigen Götter geraten.
Zwar ist die Beschreibung des Namenlosen schön geschrieben, doch fehlt es an "handfesten" Infos zu Liturgien und Wundern. Diese ausgerechnet bei DEM Gegenspieler der Zwölfe einzusparen, kann einen Spielleiter kaum zufriedenstellen. Hier hilft vielleicht ein Verweis auf die 12 Seiten mit Quelltexten zum Namenlosen im Thorwal Standard Nr. 10.
Auch Rastullah, ein zweiter "Verlierer" der Götterbox, ist gerade einmal etwas mehr als eine Seite gewidmet und dies Spieler von Novadis kaum begeistern.
Zwei Neuerungen im Bereich Götter und Kulte bzw. bei den Fähigkeiten der Geweihten will ich näher beleuchten:
Eine gravierende Änderung, stellt die Rückkehr zu festen Wundern der Geweihten mit festgelegten Auswirkungen und festen Kosten dar. Doch im Gegensatz zur ersten Version, wo die beschriebenen Wunder als Beispiele dienten, gleicht die hier vorliegende Aufzählung einer Formelsammlung. Offensichtlich hat die Regelung aus der Box Götter, Magier und Geweihte, die Wunder der Absprache von Spieler und Meister zu überlassen viele Kritiker gehabt, so daß die DSA-Redaktion sich bemüßigte, auf das alte Prinzip zurückzugreifen. Für Neulinge ist das starre System sicherlich leichter spielbar und macht Geweihte damit als Spielcharaktere interessanter als bislang. Als nicht zu DSA passend empfinde ich, daß die Wunder und Liturgien nun allesamt etwas von Zaubersprüchen haben. Viele Liturgien sind in ihrer Wirkung vorhandenen Zaubern nachempfunden, da fragt man sich schon: Wozu? Das Ganze erinnert mich zu sehr an Priester bei AD&D und trifft nicht meinen Geschmack. Ich hätte gern mehr mystisches und nicht so sehr berechenbares Wirken von Geweihten. Und auch wenn die Karmaenergie der Geweihten sich langsamer regeneriert als die Astralenergie der Magier, mit dem Rondrageweihten haben wir jetzt endlich den zaubernden Krieger und die Masse der Paladinbeschreibungen im Internet sind überflüssig geworden - so hat das aber dennoch einen positiven Aspekt... grinsender Smiley
Obiger Punkt ist aber sicher in erster Linie eine Geschmacksfrage und ich bin sicher, daß er vielen Spielern gefallen wird.
Nicht mehr eine Frage des Geschmacks ist allerdings die neue Regel des Frevlermals und die Fähigkeit der Geweihten mittels einer Liturgie solche Male erkennen zu können. Es ist nun festgelegt, daß gläubige Menschen mit einem Frevlermal gezeichnet werden, wenn sie "auf schlimme Weise gegen die göttliche Ordnung" verstoßen. Zwar scheint den Autoren gedämmert zu haben, was für einen elementaren Regeleingriff dies darstellt, denn man beteuert eifrig, daß mitnichten jeder Schurke nun durch die Macht der Geweihten enttarnt werden kann. So soll schon ein Mal zwar keine Auswirkungen auf Lehensträger haben, d.h. niemand wird entlehnt, wenn sein Mal öffentlich gemacht wird. Doch die Auswirkungen, die dies auf das Leben in den zwölfgöttlichen Landen wie dem Horasreich bzw. dem Mittelreich hat, liegen auf der Hand: Der Reichserzkanzler des Mittelreiches trägt mit Sicherheit das Frevlermal, ebenso wie Reichsgeheimrat Dexter Nemrod. Laut KKO S. 8 ist ein Frevler heftigen Anfeindungen ausgesetzt, und es ist schlechterdings nicht vorstellbar, daß so jemand noch in seinem Amte verbleibt. Dies muß dazu führen, daß die Welt noch viel mehr in schwarz-weiß Malerei verfällt als bisher, denn vielschichtige NSCs, die auch dunkle Seiten haben, können auf Dauer ja kaum unerkannt bleiben. Und was mit dem Intrigengespinst des Mordbuben und Oberübeltäters in seinem liebevoll ausgetüftelten Detektivabenteuer wird, kann sich jeder Spielleiter leicht ausmalen. Oder ist es etwa wahrscheinlich, daß alle örtlichen Geweihten sich den Bitten der Helden/Obrigkeit störrig verweigern oder alle Fischvergiftung haben oder auf Reisen sind oder...? Man muß sich schon fragen, ob es sich hier um einen Alleingang eines Autoren handelt, dessen Folgen dem Lektorat nicht aufgegangen sind, oder ob dies ein gewollter Effekt ist. Das würde Aventurien ein Stück ärmer machen (es sei denn, daß die Redaktion ihre eigene Regel mißachtet, wie es schon ein Autor angekündigt hat).

Fazit
Alles in allem ist die Spielhilfe zu empfehlen, da sie wichtige Ergänzungen zum bisherigen Regelwerk bietet und das Preis-Leistungsverhältnis bei 30 DM für 127 Seiten überzeugen kann. Die aufgezeigten Mängel hinterlassen aber einen faden Beigeschmack.
Ich hätte mir letztlich einen kirchlichen Gesamtband gewünscht, der auch die Teile aus der Box Götter, Magier und Geweihte enthält; insbesondere wo diese Box 2002 überarbeitet wird. Leider haben die DSA-Spieler in der letzten Umfrage des Aventurischen Boten mehrheitlich Hardcover Bände abgelehnt, doch ein 300 Seiten starker Götter und Geweihtenband wäre sicher die angemessenere Variante für das komplexe Thema gewesen. Jetzt muß der Meister wieder auf zwei Werke zugreifen, wenn er zusätzlich zu den Informationen über die Kirchen und Geweihten auch Informationen über das Wesen der Gottheit in seine Vorbereitung mit einfließen lassen will.

Siehe auch:

Ragnar Schwefel/jm